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Schiro stützte sich mit beiden Händen auf den Rand des Podiums und schwang sich hinauf. Nun standen zwei Männer dort oben - ein Soldat und ein Offizier -, die einander über das Pult hinweg mit hasserfüllten Blicken maßen. Alle im Saal spürten deutlich den unversöhnlichen, rasenden Hass Schiros gegen den Offizier. Er hielt sich an dem Pult fest und reckte den Hals vor; er atmete schwer, und aus seinem mageren, braunen Gesicht mit den hervortretenden Wangenknochen und dem spitzen Kinn sprach eine unbezähmbare Angriffslust. Komatsu war einen Schritt zurückgewichen, ohne die Hände aus den Taschen zu nehmen. Die Faust Schiros hob sich langsam, und es sah aus, als wollte sie jeden Augenblick auf Komatsu niedersausen.
Ein allgemeiner Tumult brach aus. Besonders laut brüllten die Mitglieder der „Tenrju-Gesellschaft", die Schiro mit Schimpfworten überschütteten. „Seht! Seht alle her!" Schiro streckte mit einer heftigen Bewegung die Hand aus und hielt den Zeigefinger unmittelbar vor das Gesicht seines Feindes. „Er... er ist Offizier!"
Zuerst verstand keiner, was dieser junge Bursche im Soldatenmantel rief. Aber als er sich dem Saale zuwandte, wurde allen klar, dass die Rednertribüne jetzt ihm gehörte.
„Ich weiß nicht, was er ist - Hauptmann oder Leutnant, ist ja auch ganz egal. Ich habe mit diesem Offizier noch eine Rechnung zu begleichen."
Die Stimmung im Saal schlug wieder um. Überall sah man erstaunte, beunruhigte Gesichter und verständnislose Augen - die meisten begriffen nicht, was eigentlich los war. Der Saal ähnelte einem Feld, auf dem ein Sturm die Halme durcheinanderwirbelt. Araki wollte auf Furukawa zulaufen, blieb aber stehen, verblüfft über dessen rasende Wut.
„Diese Offiziersuniformen sind schuld, dass ich auf die Philippinen verschleppt wurde. Sie sind schuld, dass ich zwei Tage und zwei Nächte im Meer treiben musste. Sie sind schuld, dass mehr als die Hälfte meiner Kameraden durch amerikanische Fliegerbomben umgekommen ist. Und was haben sie inzwischen getan, diese Gecken in Offiziersuniform?"
Komatsu, der das Podium verlassen wollte, machte brüsk kehrt. Furukawa trat hinter das Rednerpult. Sein Kinn begann zu zittern, Tränen liefen ihm über die Wangen.
„Ihr wisst es selbst! Alle, die bei der Armee gewesen sind, alle, die an der Front waren, wissen es."
Komatsu war inzwischen vom Podium hinuntergestiegen; er stand jetzt unten, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und schien auf irgendetwas zu warten. Furukawa bemerkte ihn nicht. Er streckte die Hand nach hinten aus, zeigte auf die Stelle, wo Komatsu noch vor wenigen Sekunden gewesen war, und fuhr mit lauter Stimme fort: „Diese Offiziere - was haben sie gesagt, als man uns Soldaten totgeschlagen hat? Die Befehle der Obrigkeit, das sind die Befehle des Kaisers. So haben sie gesagt!"
Die Worte Schiros hatten einen ungewöhnlichen Erfolg. Sogar den Mitgliedern der „Tenrju-Gesellschaft" verschlug es die Sprache.
Furukawa hatte nie geglaubt, dass er eine Rede kalten könnte, und er hatte gar nicht daran gedacht, zu sprechen. Doch beim Anblick der Offiziersuniform Komatsus hatte ihn die Wut gepackt. Er sah, wie Onoki das Podium verließ, und es schien ihm, als hätte dieser Offizier Onoki weggejagt. Da konnte er sich nicht länger beherrschen. Ursprünglich war er nur auf die Bühne gelaufen, um Komatsu zu verprügeln. Aber als er sich dem Feind Auge in Auge gegenübersah und die Blicke der anderen auf sich gerichtet fühlte, hatte er sich an die Versammelten gewandt. Sein Gegner war ihm ausgewichen, doch für einen Rückzug war es zu spät; Furukawa musste sprechen. „Und was den Kaiser betrifft", fuhr er hitzig fort, „der Kaiser hat einen Namen. Er heißt Hirohito. Als ich im Kriege war, habe ich das nicht gewusst."
Merkwürdig, erst jetzt begriff er, warum der Anblick der Offiziersuniform sein Herz mit solchem Zorn erfüllt hatte.
„Der Kaiser... der Kaiser... ist der Anführer dieser ganzen Offiziersbande!" schrie er und stockte eine Sekunde, um die passenden Ausdrücke zu suchen. „Deshalb hat er uns mit den Händen dieser Offiziere verprügeln lassen und uns gezwungen, sinnlos zu verrecken."
„Du bist wohl Kommunist?" unterbrach ihn eine Stimme. Furukawa zuckte zusammen und parierte sofort: „Und wenn ich Kommunist wäre, was wäre dabei? Du stumpfsinniger Trottel!"
Gutmütiges Gelächter erscholl. Eine der Arbeiterinnen klatschte sogar in die Hände. Wahrhaftig, was wäre schon dabei, wenn dieser junge Bursche im Soldatenmantel Kommunist wäre! Selbst für die Frauen hatten die Worte „Kommunistische Partei" keinen schrecklichen Klang mehr.
Komatsu, der sich gerade setzen wollte, sprang wieder auf. Die Mitglieder der „Tenrju-Gesellschaft" tobten.
Araki packte Furukawa an der Schulter und versuchte, ihn vom Podium herunterzuziehen; doch Schiro hatte die Sympathien der meisten bereits gewonnen. Er schüttelte Arakis Hand ab. „Was brüllt ihr so?" fauchte er die „Tenrju"-Leute an. „Ihr schreit ,unehrerbietig!' und ,frech!', dabei muss der Kaiser auch sein kleines und sein großes Bedürfnis verrichten, ebenso wie wir alle."
Ohne zu überlegen, stieß er hervor, was ihm durch den Kopf ging. Er redete ohne Zusammenhang; trotzdem bewirkte seine ganze Erscheinung, sein überraschendes, unvorhergesehenes Auftreten, dass die quälenden Zweifel der Menschen zerstoben. Eine heftige Erregung hatte die Arbeiter erfasst. Und je wilder die Mitglieder der „Tenrju-Gesellschaft" sich gebärdeten, desto sicherer fühlten sich die Arbeiter. Durch Gelächter und Applaus zeigten sie, dass sie hinter diesem jungen Burschen im Soldatenmantel standen.
Schiro fing wieder einen Zwischenruf auf: „Was? Was hast du gesagt?... Eine Ahnenreihe, jahrtausendelang? Ist ja lächerlich." Der Lärm im Saal hatte inzwischen seinen Höhepunkt erreicht. „Quatsch ist das! Der Kaiser stammt von einer Konkubine! Was redest du für Dummheiten? Wenn überhaupt jemand eine jahrtausendealte Ahnenreihe hat, dann du und ich!" Einige „Tenrju"-Leute sprangen auf und stürzten zur Bühne. Auch im Saal hatten sich viele von ihren Plätzen erhoben. „Ihr wollt raufen? Meinetwegen. Na los, kommt her! Wer ist der erste?"
Furukawa warf den Mantel von den Schultern, stützte sich mit einem Fuß gegen den Rand des Podiums und nahm eine drohende Haltung gegen die Bürschchen von der „Tenrju-Gesellschaft" ein, die vor Wut brüllten.
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