9. Kapitel Wer soll zahlen?
Sweater erreichte die Eingangshalle beinahe im gleichen Augenblick, als Rushton durch die Haustür trat. Freundschaftlich begrüßten sie einander, und nachdem sie ein paar
Bemerkungen über den Stand der Arbeit gewechselt hatten, gingen sie in den Salon, wo sich Owen und Easton befanden, und Rushton sagte:
„Und dieses Zimmer? Haben Sie sich schon entschlossen, was Sie damit machen lassen wollen?"
„Ja", erwiderte Sweater, „aber das werde ich Ihnen nachher sagen. Worüber ich mir Gedanken mache, sind die Abflussrohre. Haben Sie die Pläne mitgebracht?"
„Ja."
„Was soll es kosten?"
„Warten Sie einen Augenblick", sagte Rushton mit einer leisen Bewegung, die Sweaters Aufmerksamkeit auf die Anwesenheit der beiden Arbeiter lenkte. Sweater verstand.
„Sie können das 'n paar Minuten lassen, ja?" fuhr Rushton fort, zu Owen und Easton gewandt. „Gehen Sie und machen Sie 'n Weilchen was andres."
Als sie allein waren, schloss Rushton die Tür und bemerkte: „'s ist immer ganz gut, diese Burschen nicht mehr als nötig wissen zu lassen."
Sweater pflichtete ihm bei.
„Nun, das Anlegen dieser Abwässerungsleitung besteht eigentlich aus zwei verschiedenen Arbeiten", sagte Rushton. „Einmal sind da die Abflussrohre vorm Haus, das heißt der Teil der Arbeit, der tatsächlich auf Ihrem Grundstück zu machen ist. Wenn der fertig ist, muss 'n Rohr unter dieser Privatstraße bis zur Hauptstraße gelegt werden, um die Abflussrohre vom Haus mit der städtischen Entwässerung zu verbinden. Können Sie mir folgen?"
„Ausgezeichnet. Was kostet denn das Ganze?"
„Die Abflussanlage vom Haus fünfundzwanzig Pfund und das Verbindungsrohr dreißig Pfund. Fünfundfünfzig Pfund im ganzen."
„Hm. Das ist der niedrigste Preis, für den Sie's machen können, wie?"
„Das ist der niedrigste. Ich hab sehr sorgfältig kalkuliert; die Zeit und das Material, und das ist praktisch das einzige, was ich Ihnen berechne."
In Wahrheit hatte Rushton nicht das geringste mit dem Kostenanschlag zu tun gehabt: hierzu besaß er nicht die nötigen Kenntnisse. Hunter hatte die Pläne gezeichnet, die Kosten berechnet und den Voranschlag fertig gestellt.
„Ich habe in der letzten Zeit über diese Sache nachgedacht", sagte Sweater und sah Rushton mit schlauem Seitenblick an. „Ich sehe nicht ein, weshalb ich das Verbindungsrohr bezahlen muss. Die Stadt sollte das bezahlen. Was sagen Sie dazu?"
Rushton lachte. „Ich wüsste nicht, warum eigentlich nicht", antwortete er.
„Ich denke, wir könnten es so einrichten, meinen Sie nicht?" fuhr Sweater fort. „Auf jeden Fall, die Arbeit muss getan werden, lassen Sie die Leute also weitermachen. Fünfundfünfzig Pfund für beide Teile der Anlage, sagten Sie?"
„Ja."
„Na, gut, legen Sie nur los, und was sich mit der Stadt
machen lässt, werden wir später sehn."
„Ich glaub nicht, dass es sehr schwierig sein wird, mit ihr zu verhandeln", sagte Rushton grinsend, und Sweater lächelte zustimmend.
Als sie durch das Vestibül gingen, trafen sie Hunter, der gerade gekommen war. Er war ziemlich überrascht, sie anzutreffen, denn er wusste nichts von ihrer Verabredung. Er 1 wünschte ihnen „Guten Morgen" in so verlegen zögerndem Ton, als zweifle er, wie man seinen Gruß aufnehmen werde. Sweater nickte kurz, aber Rushton ignorierte ihn gänzlich, und Nimrod ging weiter; er sah aus und er fühlte sich wie ein Straßenköter, der gerade einen Fußtritt erhalten hat.
Während Sweater und Rushton einen Rundgang durch das Haus machten, schwänzelte Hunter in respektvoller Entfernung um sie herum, in der Hoffnung, man werde schließlich einige Notiz von ihm nehmen. Sein trübseliges Gesicht wurde noch länger als gewöhnlich, als er bemerkte, dass sie sich anschickten, das Haus zu verlassen, scheinbar ohne auch nur zur Kenntnis zu nehmen, dass er da war. Im Hinausgehen endlich hielt Rushton auf der Schwelle inne und rief ihn:
„Mr. Hunter!" „Jawohl, Mr. Rushton."
Nimrod rannte zu ihm hin wie ein Hund, von dem sein Herr endlich Notiz nimmt: hätte er einen Schwanz besessen, so hätte er wahrscheinlich damit gewedelt. Rushton gab ihm die Pläne und die Anweisung, die Arbeit solle weitergeführt werden.
Nachdem sie gegangen waren, schlich Hunter eine Zeitlang schweigend im Hause umher, in die Zimmer hinein und wieder heraus, auf und ab, durch Flure und über die Treppen. Nach einer Weile ging er in das Zimmer, in dem Newman war, stand schweigend dort und beobachtete ihn etwa zehn Minuten lang bei der Arbeit. Der Mann strich die Scheuerleiste an, und gerade kam er zu einem Teil, der an mehreren Stellen rissig war; daher nahm er sein Messer und begann die Spalten mit Kitt zu verschmieren. Unter Hunters Blicken war er derartig nervös, dass seine Hand stark zitterte und er doppelt soviel Zeit dazu brauchte, wie er eigentlich sollte; Hunter sagte ihm dies mit brutaler Offenheit.
„Halten Sie sich nicht damit auf, solche kleinen Risse zu verkitten", schrie er. „Fülln Sie sie mit Farbe aus. Wir könnend uns nicht leisten, Sie dafür zu bezahlen, dass Sie so rumfummeln!"
Newman gab keine Antwort.
Elend fand keinen Vorwand, noch jemand anzubrüllen, da sich alle ins Zeug legten, so sehr sie nur konnten. Während er wie ein böser Geist im Hause hin und her wanderte, folgten ihm verstohlen unfreundliche Blicke der Leute, die ihn im Innern verfluchten, während er vorbeiging.
Er schlich sich in den Salon, und nachdem er mit boshaftem Gesichtsausdruck dagestanden und Owen und Easton schweigend beobachtet hatte, kam er wieder heraus, ohne ein Wort geäußert zu haben.
Er machte es oft so, doch heute beunruhigte sein Verhalten Owen ziemlich stark. Unsicher fragte er sich, was das wohl zu bedeuten habe, und er begann, irgendwie besorgt zu werden. Hunters Schweigen schien bedrohlicher als sein Reden. |
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