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Robert Tressell – Die Menschenfreunde in zerlumpten Hosen (1914)
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20. Kapitel Die vierzig Räuber Die Schlacht: Briganten contra Banditen

Dieses Kapitel ist mehr als außergewöhnlich langweilig und uninteressant und berichtet von Dingen, die vielleicht scheinbar mit dem Fall nichts zu tun haben. Trotzdem ersuchen wir den Leser, es durchzulesen, da es gewisse Informationen enthält, die zum Verständnis dieser Geschichte notwendig sind.
Regiert wurde die Stadt Mugsborough von einer Gruppe von Leuten, der Stadtrat genannt. Die meisten dieser „Volksvertreter" waren wohlhabende oder im Ruhestand lebende Geschäftsleute. Der Meinung der Einwohner von Mugsborough nach war die Tatsache, dass es einem Mann
gelungen war, im Geschäftsleben Geld anzuhäufen, ein deutlicher Beweis für seine Eignung, mit den Geschäften der Stadt betraut zu werden.
Als daher der äußerst fähige und erfolgreiche Mr. George Rushton für den Stadtrat kandidierte, wurde er von den Arbeitern mit großer Stimmenmehrheit gewählt, denn sie hielten ihn für einen idealen Menschen...
Diese Stadtverordneten waren Briganten, taten ganz, was sie wollten. Keiner störte sie. Nie befragten sie die Steuerzahler irgendwie um deren Meinung. Selbst während der Wahlen machten sie sich nicht die Mühe, Versammlungen abzuhalten: jeder von ihnen gab einfach eine Art Manifest heraus, das seine vielen edlen Eigenschaften anpries und die Leute aufrief, ihm ihre Stimme zu geben, und die Angesprochenen versäumten niemals, das zu tun. Immer wieder wählten sie dieselbe Mannschaft...
Fast ungehindert führten die Briganten ihre Raubzüge durch, denn ihre Wähler waren in den „Kampf ums Dasein" verstrickt. Nehmen wir zum Beispiel den öffentlichen Park. Ebenso wie... Schweine um einen Trog, waren sie mit dieser Schlacht derartig beschäftigt, dass die meisten keine Zeit hatten, in den Park zu gehen; sonst hätten sie vielleicht bemerkt, dass da nicht so viele kostbare Pflanzen vorhanden waren, wie eigentlich dort sein sollten. Und hätten sie weiter nachgefragt, so hätten sie entdeckt, dass fast alle Mitglieder des Stadtrats wunderschöne Gärten besaßen. Es hatte seinen Grund, weshalb diese Gärten so prächtig waren, denn damit sie es wurden, beraubte man den öffentlichen Park systematisch seiner besten Pflanzen.
In dem Park gab es einen See. Auf Kosten der Steuerzahler wurden dort eine große Anzahl Enten und Gänse unterhalten. Neben dem Futter, das für dieses Geflügel aus öffentlichen Geldern bezahlt wurde, brachten auch noch die Besucher des Parks Tüten mit Keksen und Brotkrumen mit. Waren die Enten und Gänse schön fett geworden, so schleppten die Briganten sie fort, um sie daheim zu verspeisen. Wurden die Stadtverordneten müde, Entenoder Gänsefleisch zu essen, so trafen einige von ihnen ein Abkommen mit gewissen Schlächtern und tauschten das Geflügel gegen anderes Fleisch um.
Zu den energischsten Mitgliedern der Bande zählte Mr. Jeremias Didlum, der Möbelhändler, der ein großes Abzahlungsgeschäft betrieb. Er hatte ein ausgedehntes Lager gebrauchter Möbel; von denen er wieder Besitz ergriffen hatte, nachdem die unglückseligen verhinderten Käufer verabsäumt hatten, die Raten regelmäßig zu bezahlen. Andere gebrauchte Möbel hatte er zu einem Bruchteil ihres wirklichen Wertes bei Zwangsversteigerungen erworben oder Leuten abgekauft, die das Unglück oder die Arbeitslosigkeit gezwungen hatte, ihren Hausrat zu veräußern.
Ein anderes prominentes Mitglied der Bande war Mr. Arnos Schinder, der praktisch das Monopol im Gemüsehandel innehatte und jetzt fast sämtliche Obstläden der Stadt besaß. Was die übrigen Obst- und Gemüsegeschäfte betraf: falls sie ihre Ware nicht von ihm kauften oder vielmehr von der Gesellschaft, deren Generaldirektor und Hauptaktionär er war, falls sie ihre Ware nicht von seiner Gesellschaft kauften, so versuchte er, sie zum Bankrott zu bringen, indem er in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft Filialen eröffnete und dort unter Selbstkosten verkaufte. Er war ein Selfmademan, ein Mann, der sich selbst zu dem gemacht hatte, was er war: ein Beispiel dafür, was mit Raffiniertheit und Eigennutz zu erreichen ist.
Ferner war da noch das Haupt der Bande, Mr. Adam Sweater, der Bürgermeister. Er war stets das Haupt, obgleich er nicht immer Bürgermeister war, denn die Regel sah vor, dass alle Mitglieder der Bande abwechselnd in den Genuss dieser „Ehre" kamen. Wahrlich eine schöne „Ehre", der erste Bürger in einer Gemeinde zu sein, die zum größten Teil aus unwissenden Halbidioten, aus Sklaven, Sklavenaufsehern und Psalmen singenden Heuchlern bestand.
Mr. Sweater war der leitende Direktor und Hauptaktionär eines großen Modehauses, durch das er ein beträchtliches Vermögen zusammengerafft hatte. Das war nicht sehr erstaunlich, denn er bezahlte keinem seiner Arbeiter einen anständigen Lohn und vielen von ihnen überhaupt keinen. Er beschäftigte eine große Anzahl Mädchen
und junge Frauen, die vorgeblich das Schneidern von Kleidern und Mänteln oder die Putzmacherei erlernten. Alle waren vertraglich gebundene Lehrlinge, von denen manche ein Lehrgeld von fünf bis zehn Pfund bezahlt hatten. Sie waren für drei Jahre „gebunden". Während der ersten beiden Jahre erhielten sie überhaupt keinen Lohn und während des dritten Jahres einen oder anderthalb Schilling die Woche. Am Ende des dritten Jahres wurden sie gewöhnlich entlassen, wenn sie nicht bereit waren, zur weiteren Qualifizierung für drei bis viereinhalb Schilling die Woche zu bleiben.
Sie arbeiteten von halb neun Uhr morgens bis acht Uhr abends, machten eine Stunde Tischzeit und unterbrachen um halb fünf Uhr für fünfzehn Minuten die Arbeit, um ihren Tee einzunehmen. Der wurde von der Firma geliefert - ein Viertelliter für jedes Mädchen -, sie mussten jedoch ihre eigene Milch, ihren Zucker und ihr eigenes Butterbrot mitbringen.
Wenige dieser Mädchen erlernten jemals ihr Handwerk gründlich. Einige lehrte man, Ärmel zu nähen, andere, Manschetten oder Knopflöcher anzufertigen und so weiter. Das Ergebnis war, dass jede schon nach kurzer Zeit viel Erfahrung und Geschicklichkeit in der Teilfertigung erwarb; zwar befähigte ihre Meisterschaft in der Herstellung dieses einen Teiles sie niemals, sich ihren Lebensunterhalt ausreichend zu verdienen, wohl aber befähigte sie Mr. Sweater, während ihrer Lehrzeit Geld zu verdienen, und das war alles, was ihn kümmerte.
Gelegentlich bestand ein intelligentes und forsches Mädchen auf der Einhaltung ihres Lehrvertrages, und zuweilen protestierten die Eltern. Blieben sie bei ihrer Forderung, so kamen diese Mädchen besser voran; doch selbst aus ihnen zog der schlaue Sweater seinen Nutzen, denn er bot den besten Arbeiterinnen nach Ablauf ihrer Lehrzeit einen Anreiz, bei ihm zu bleiben, indem er ihnen einen Lohn zahlte, der im Vergleich zu den Löhnen der übrigen Mädchen gut schien - manchmal sogar bis zu sieben oder acht Schilling die Woche! - sowie durch großzügige Versprechungen auf künftige Beförderung. Diese Mädchen wurden dann zu einer Art Reserve, die er heranziehen konnte,
um jeden Ausbruch der Unzufriedenheit von Seiten der führenden Arbeiterinnen zu ersticken.
Die Mehrzahl der Mädchen unterwarf sich indessen gefügig den ihnen aufgezwungenen Arbeitsbedingungen. Sie waren zu jung, um zu begreifen, welches Unrecht ihnen geschah. Und was ihre Eltern betraf, so kam es diesen niemals in den Sinn, an der Ehrlichkeit eines so gütigen Menschen wie Mr. Sweater zu zweifeln, der sich stets in allen guten und wohltätigen Werken hervortat.
Beklagten sich die Eltern eines Mädchens nach Beendigung seiner Lehrzeit über sein mangelhaftes Können, so führte der fromme Sweater dieses auf Faulheit und Unfähigkeit zurück, und da die Leute gewöhnlich arm waren, hatte er selten oder nie irgendwelche Scherereien mit ihnen. Auf diese Weise erfüllte er sein salbungsvolles Versprechen, das er den vertrauensseligen Eltern gegeben hatte, als das Mädchen seiner Gnade ausgeliefert wurde -nämlich es zu einer „tüchtigen Frau" zu machen.
Diese Methode, durch Vorspiegelung falscher Tatsachen unentgeltliche Arbeitskräfte zu erhalten, die ihm ermöglichte, kostspielige Waren zu einem geringen Bruchteil des Verkaufspreises herzustellen, wurde ebenfalls in andere Abteilungen seines Geschäfts übernommen. Zu den gleichen Bedingungen verschaffte er sich auch Verkäufer und Verkäuferinnen. Mit einem jungen Mann wurde gewöhnlich ein Lehrvertrag auf fünf Jahre abgeschlossen, um „einen Mann aus ihm zu machen" und ihn zu „befähigen, in jederlei Haus eine Stellung zu übernehmen". Wenn möglich, wurde den Eltern ein Lehrgeld von fünf, zehn oder zwanzig Pfund - je nach ihren Verhältnissen - abgenommen. Während der ersten drei Jahre gab es keinen Lohn, danach vielleicht zwei oder drei Schilling die Woche.
Am Ende der fünf Jahre war das Werk, „einen Mann aus ihm zu machen", vollbracht. Dann gratulierte ihm Mr. Sweater und versicherte ihm, er sei jetzt befähigt, in jederlei Haus eine „Stellung" zu übernehmen; er bedaure indessen, dass in seinem, Mr. Sweaters, kein Platz mehr für den jungen Mann sei. Das Geschäft ging so schlecht. Falls der Mann es aber wünschte, mochte er bleiben, bis er eine bessere „Stellung" fand, und aus lauter Großzügigkeit würde ihm Mr. Sweater, obgleich der seine Dienste eigentlich nicht benötigte, zehn Schilling die Woche bezahlen!
Vorausgesetzt, dass der junge Mann weder dem Trunk ergeben war noch rauchte, noch an der Börse spekulierte oder ins Theater ging, war auf diese Weise seine Zukunft gesichert. Selbst wenn es ihm nicht gelang, eine andere Stellung zu finden, konnte er einen Teil seines Gehaltes sparen und schließlich ein eigenes Geschäft eröffnen.
per Zweig des Geschäfts von Mr. Sweater jedoch, auf den wir die Aufmerksamkeit des Lesers besonders lenken möchten, war die Abteilung für Heimarbeit. Sweater beschäftigte eine große Anzahl Frauen, die Damenblusen, Zierschürzen und Kinderschürzen herstellten. Die meisten dieser Artikel wurden en gros in London oder in anderen Orten abgesetzt; einige aber wurden en detail in „Sweaters Warenhaus" in Mugsborough oder in den anderen Einzelhandelsgeschäften der Firma überall verkauft. Viele der Arbeiterinnen waren Witwen, welche Kinder hatten und froh waren, irgendeine Beschäftigung zu erhalten, die sie nicht zwang, von zu Hause und ihren Kindern fortzugehen.
Die Blusen wurden nach dem Tarif von zwei bis fünf Schilling das Dutzend bezahlt, und die Frau musste ihre eigene Nähmaschine sowie das Garn liefern, dazu noch die Arbeit abholen und zurückbringen. Diese armen Frauen konnten sechs bis acht Schilling die Woche verdienen, und selbst dazu mussten sie fast pausenlos vierzehn bis sechzehn Stunden am Tag arbeiten. Zeit für die Küche hatten sie keine, und sie besaßen nur sehr wenig, das sie hätten kochen können; sie lebten vorwiegend von Brot, Margarine und Tee. Ihr Heim war schmutzig, ihre Kinder halb verhungert und zerlumpt; sie waren in groteske Gewänder gekleidet, die aus den abgelegten Sachen mildtätiger Nachbarn hastig zusammengeschustert waren.
Jedoch nicht umsonst arbeiteten diese Frauen den lieben langen Tag, bis die Erschöpfung sie zwang, innezuhalten. Nicht umsonst verbrachten sie ihr freudloses Leben mit schmerzenden Schultern über eine undankbare Arbeit gebeugt, die ihnen kaum das Brot einbrachte. Nicht umsonst gingen sie und ihre Kinder verhungert und in Lumpen gekleidet einher, denn schließlich wurde ja der Hauptzweck ihrer Arbeit erfüllt: die gute Sache wurde gefördert Mr. Sweater wurde reich, seine Güter mehrten sich, und er stieg in der Achtung seiner Mitmenschen.
Natürlich war keine der Frauen gezwungen, sich dieser glorreichen Sache zu widmen. Niemand ist gezwungen, in einem so freien Lande wie dem unseren irgendwelche bestimmten Lebensbedingungen hinzunehmen. Mr. Trefaim der Leiter von Sweaters Abteilung für Heimarbeit, legte ihnen die Sache stets in der einfachsten und anständigsten Weise dar. Hier war die Arbeit - und so viel betrug die Bezahlung! Wem es nicht gefiel, der konnte es sein lassen. Zwang gab es dabei nicht.
Zuweilen ließ es eine störrische Person tatsächlich sein, eine, die zu der zahlreichen Schicht derer gehörte, die zum Arbeiten zu faul sind. Aber, wie der Abteilungsleiter sagte, es gab genügend andere, die nur allzu froh waren, die Arbeit anzunehmen. Ja, unter diesen Frauen herrschte soviel Begeisterung - besonders unter denen, die kleine Kinder zu versorgen hatten -, und ihr Eifer für die gute Sache war so groß, dass einige buchstäblich um die Erlaubnis zur Arbeit flehten!
Durch diese und andere Mittel war es Adam Sweater gelungen, einen großen Schatz irdischer Güter für sich anzuhäufen und dazu noch den Ruf unangezweifelter Achtbarkeit zu erwerben, denn dass er achtbar war, bestritt niemand. Zweimal ging er jeden Sonntag zur Kapelle, die feiste Gestalt in teure Kleidung gehüllt, unter anderem bestehend aus einer grauen Hose, einem langen Gewand, Gehrock genannt, einem hohen Zylinderhut und einer Anzahl Juwelen, und dazu eine in Maroquinleder gebundene Bibel mit Goldecken. Er hatte irgendein Amt bei der Kapelle „Das strahlende Licht" inne. Sein Name erschien auf fast allen veröffentlichten Wohlfahrtsspendenlisten. Noch nie hatte ihn ein ausgehungerter armer Teufel vergebens um einen Schein für eine Armensuppe zu einem Penny gebeten.
Kein Wunder, dass die intelligenten Arbeiter von Mugsborough, als dieser gütige und auf das Allgemeinwohl bedachte Mann der Stadt unentgeltlich seine Dienste anbot, dieses Anerbieten mit begeistertem Beifall aufnahmen. Die Tatsache, dass er im Geschäftsleben Geld verdient hatte, war ein Beweis seiner geistigen Fähigkeiten. Seine vielgepriesene Güte war eine Garantie, dass er seine Gaben nicht zur Förderung seiner Privatinteressen, sondern zum Wohl aller Schichten der Gemeinde, insbesondere dem der Arbeiterklasse, benutzen werde, zu der die Mehrzahl seiner Wähler gehörte.
Was die kleineren Ladenbesitzer betraf, so waren sie alle derartig von ihrem eigenen Geschäft in Anspruch genommen und dermaßen beschäftigt, ihre Angestellten umherzujagen, ihre Einnahmen zusammenzuzählen und sich in matter Nachahmung der Aristokratie aufzuputzen, dass sie nicht in der Lage waren, ein wirklich ernsthaftes Interesse für irgend etwas anderes zu empfinden. Sie hielten den Stadtrat für eine Art Paradies, das ausschließlich für Schwindelbauunternehmer und erfolgreiche Geschäftsleute reserviert war. Möglicherweise wurden sie eines Tages, falls es ihnen gelang, genügend Geld zusammenzubringen, selbst Stadträte! - aber in der Zwischenzeit kümmerten die öffentlichen Angelegenheiten sie nicht besonders. Daher stimmten manche dieser Leute für Adam Sweater, weil er Liberaler war, und aus eben diesem „Grunde" stimmten manche wiederum gegen ihn.
Ab und zu, wenn Einzelheiten einer ungewöhnlich skandalösen Machenschaft des Stadtrats an die Öffentlichkeit drangen, sprachen die Einwohner der Stadt, für eine kurze Zeitspanne aus ihrer gewohnten Gleichgültigkeit aufgescheucht, auf eine lässige, halb entrüstete, halb belustigte und hilflose Weise über die Angelegenheit, doch stets so, als handele es sich dabei um etwas, was sie nicht unmittelbar betraf. Während eines derartigen kurzlebigen Wunders wurde den Mitgliedern des Rats von ihren halb unzurechnungsfähigen Wählern der Titel „Die vierzig Räuber" verliehen. Da sie nicht genügend Intelligenz besaßen, um die geeigneten Mittel zur Bestrafung der Schuldigen zu finden, gaben sie sich den Anschein, als betrachteten sie die Manöver der Briganten als riesigen Spaß.
Es gab nur ein einziges Ratsmitglied, das nicht zu der Bande gehörte - Rat Schwächling, ein Arzt im Ruhestand, leider aber gleichfalls ein achtbarer Mann. Sah er etwas vor sich gehen, was er nicht für recht hielt, so protestierte er, stimmte dagegen und dann - fiel er zusammen. Er hatte nichts, was an einen ordinären Agitator erinnerte. Was die Briganten betraf, so lachten sie über seine Proteste, und seine Stimme zählte nicht.
Mit dieser einen Ausnahme waren die übrigen Mitglieder des Stadtrats charakterlich Sweater, Rushton, Didlum und Schinder sehr ähnlich. Alle hatten sie den Beitritt zur Bande mit dem gleichen Ziel vollzogen - dem der Selbstverherrlichung und der Förderung ihrer Privatinteressen. Das waren die wahren Gründe, weshalb sie den Steuerzahler ersuchten, sie in den Stadtrat zu wählen; aber natürlich gab das keiner von ihnen jemals zu. Nein! Wenn diese edlen Altruisten der Stadt ihre Dienste anboten, so verlangten sie vom Volk, dass es glaube, sie seien von dem Wunsch beseelt, ihre Zeit und ihre Fähigkeiten zur Wahrung der Interessen anderer zur Verfügung zu stellen, was etwa das gleiche war, als verlange man von den Wählern zu glauben, es sei möglich, dass der Leopard seine Flecken ändere.

Infolge der außerordentlichen Apathie der übrigen Einwohner waren die Briganten in der Lage, ihre Raubzüge ungehindert durchzuführen. Räubereien bei helllichtem Tage waren etwas ganz Alltägliches.
Während vieler Jahre hatten diese Briganten die riesigen Profite der Gasgesellschaft mit gierigen Augen betrachtet. Sie dachten, es sei jammerschade, dass jene anderen Banditen ständig die Stadt ausplünderten und mit einer so reichen Beute einfach davonkamen.
Endlich, vor etwa zwei Jahren, wurde nach langem Studium und vielen privaten Beratungen ein Feldzugsplan ausgearbeitet; ein geheimer Kriegsrat wurde abgehalten, bei dem Mr. Sweater den Vorsitz führte. Danach schlossen sich die Briganten zu einer „Elektrizitäts- und Installations-Gesellschaft m.b.H. von Mugsborough" genannten Körperschaft zusammen und verpflichteten sich mit feierlichem Eid, ihr Bestes zu tun, um die Gaswerkbanditen aus der Stadt zu vertreiben und die Beute, deren diese sich gegenwärtig erfreuten, für sich selbst zu erobern.
Es gab ein großes Grundstück, das Eigentum der Stadt und für das Elektrizitätswerk geeignet war; daher machten sie in ihrer Eigenschaft als Direktoren der Elektrizitätsgesellschaft der Stadt - oder in anderen Worten sich selbst -das Angebot, ihr dieses Land zu ungefähr der Hälfte seines Wertes abzukaufen.
Bei der Stadtratssitzung, auf der dieses Angebot zur Beratung stand, waren mit der alleinigen Ausnahme von Dr. Schwächling alle anwesenden Stadtverordneten Aktionäre der neu gebildeten Gesellschaft, und Stadtverordneter Rushton beantragte die Annahme des Angebots. Er sagte, man solle den Gründern der Elektrizitätsgesellschaft jede Unterstützung zukommen lassen - jenen auf das öffentliche Wohl bedachten Bürgern, die sich vorgewagt hätten und gewillt seien, ihr Kapital bei einem Unternehmen aufs Spiel zu setzen, das allen Klassen der Einwohnerschaft dieser von ihnen so geliebten Stadt zum Vorteil gereichen werde. (Applaus!) Ohne jeden Zweifel werde die Einführung des elektrischen Lichts die Reize Mugsboroughs vermehren; aber es gebe noch einen anderen und zwingenderen Grund, weshalb er geneigt sei, sein möglichstes zu tun, um die Gesellschaft bei der Durchführung dieser Arbeit zu unterstützen. Leider sei die Stadt, wie gewöhnlich zu dieser Jahreszeit (Mr. Rushtons Stimme zitterte vor innerer Bewegung), voller Arbeitsloser. (Der Bürgermeister, Ratsherr Sweater und alle übrigen Stadtverordneten schüttelten traurig den Kopf; sie waren sichtlich bewegt.) Kein Zweifel, dass der Beginn der Arbeit zu dieser Zeit eine unschätzbare Wohltat für die Arbeiterklasse sei. Als Vertreter eines Arbeiterbezirks sei er dafür, das Angebot der Gesellschaft anzunehmen. (Hört, hört!)
Stadtverordneter Didlum unterstützte diesen Antrag. Seiner Ansicht nach wäre es nichts weniger als ein Verbrechen, sich gegen etwas zu wenden, was Arbeit für die Arbeitslosen beschaffe.
Stadtverordneter Schwächling beantragte, das Angebot abzulehnen. (Pfuirufe!) Er gab zu, das elektrische Licht bedeute eine Verbesserung für die Stadt, und angesichts der herrschenden Not wäre er froh, wenn die Arbeit in Angriff genommen würde, aber der genannte Preis sei viel zu niedrig. Er entspreche nur der Hälfte des Grundstückswerts (Verächtliches Lachen.)
Stadtverordneter Schinder sagte, er sei erstaunt über die vom Stadtverordneten Schwächling eingenommene Haltung. Seiner (Schinders) Meinung nach sei es eine Schande dass ein Mitglied des Stadtrats bewusst versuche, ein Projekt zu Fall zu bringen, das so viel dazu beitrüge, den Arbeitslosen Hilfe zu gewähren.
Der Bürgermeister, Ratsherr Sweater, sagte, er könne den Zusatz nicht zur Diskussion stellen, wenn der nicht von einem zweiten Antragsteller unterstützt werde; geschehe das nicht, so werde er über den ursprünglichen Antrag abstimmen lassen.
Niemand unterstützte Schwächling, denn außer ihm waren alle für den ursprünglichen Antrag, der unter lauten Beifallsrufen angenommen wurde; sodann gingen die Vertreter der Steuerzahler zur Beratung des nächsten Punktes der Tagesordnung über.
Stadtverordneter Didlum schlug vor, die Abgaben für die gesamte in die Stadt eingeführte Kohle von zwei auf drei Schilling pro Tonne zu erhöhen.
Stadtverordneter Rushton unterstützte den Antrag. Der größte Kohlenkonsument sei die Gasgesellschaft, und in Anbetracht der großen von dieser Gesellschaft erzielten Profite seien sie völlig im Recht, den Einfuhrzoll auf das höchste vom Gesetz zugelassene Maß heraufzusetzen.
Nach einem matten Protest von Seiten Schwächlings, der sagte, das werde nur die Preise für Gas und Kohle hochtreiben, ohne die Profite der Gasgesellschaft zu beeinträchtigen, wurde auch dieser Antrag angenommen, und nachdem noch einige weitere Geschäfte abgewickelt waren, zerstreute sich die Bande.
Diese Sitzung hatte vor zwei Jahren stattgefunden, und inzwischen war das Elektrizitätswerk gebaut und der Krieg gegen die Gasgesellschaft munter fortgesetzt worden. Nach mehreren Gefechten, bei denen die Gaswerksbanditen ein paar Kunden und einen Teil der Straßenbeleuchtung verloren, zogen sie sich aus der Stadt zurück und verschanzten sich in einer Festung jenseits der Stadtgrenze, wo sie eine Anzahl Gasometer errichten ließen. Auf diese Weise waren
sie in der Lage, von weitem das Gas in die Stadt zu schleusen, ohne den Kohlenzoll entrichten zu müssen.
Dieses strategische Meisterstück verursachte so etwas wie eine Panik in den Reihen der „Vierzig Räuber". Am Ende der zwei Jahre waren sie infolge des sich hinziehenden Feldzuges erschöpft, ihre Bewegungen waren durch eine abgenutzte Einrichtung und einen veralteten Maschinenpark behindert und sie von allen Seiten durch die niedrigen Preise der Gasgesellschaft geplagt. Wider Willen waren sie gezwungen zuzugeben, dass der Versuch, die Gasgesellschaft zu unterminieren, ein trauriger Fehlschlag war, und dass die „Elektrizitäts- und Installationsgesellschaft m.b.H. von Mugsborough" sich für ihre Besitzer als eine schwere Belastung erwies. Sie begannen sich zu fragen, was sie damit tun sollten, und einige von ihnen drangen sogar auf bedingungslose Übergabe oder auf einen Antrag auf gerichtliche Bankrotterklärung.
Inmitten all dieser Verwirrung und Demoralisation gab es jedoch einen Mann, der seine Geistesgegenwart nicht verlor, sondern in dieser düsteren Stunde der Katastrophe ruhig und gelassen blieb, der wie ein großer Fleischberg den Kopf über den Sturm erhob, und dessen gewaltiger Intellekt einen Weg sah, diese scheinbar hoffnungslose Niederlage in einen glorreichen Sieg zu verwandeln. Dieser Mann war Adam Sweater, das Haupt der Bande.

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