Die Front des Friedens
Ein Pfiff. Ein Ruck.
Langsam setzt sich der Zug in Bewegung. Wir stehen am offenen Waggonfenster: Alex, ich und die junge Arbeiterin, mit der wir das Coupe feilen. Sie fährt nach Moskau. Die Stoßbrigade, in der sie zwei Jahre lang gearbeitet hat, schickt sie jetzt auf die „Kommunistische Universität". Wir haben uns auf dem Bahnsteig mit ihr unterhalten und sie gefragt, was ihre schönste Erinnerung an Stalinsk sei.
„Das Schönste? Ich glaube das Hinaufklettern auf den Arm des ,Derrik-Krans', zwanzig oder dreißig Meter hoch. Wenn etwas am Mechanismus oben in Unordnung kam, kletterte immer einer von uns hinauf; es ist zwar verboten, aber wenn man den Arm vorschriftsmäßig herunterholt, verliert die Brigade mindestens eine halbe Stunde, und da klettert man eben lieber hinauf und bringt die Sache in zehn Minuten zum Klappen. Wir losten immer darum, wer hinauf darf."
Während sie uns davon erzählte, bekam sie ganz feuchte Augen.
„Es ist schwer, von der Brigade wegzugehen", sagte sie, „man kommt sich verloren und pflichtvergessen vor. Es ist so, als ginge man von der Front in die Etappe." An diese Worte muss ich jetzt denken, während ich zum Fenster hinausblicke. Von den Barackensiedlungen, von den Verwaltungsgebäuden, von den fertigen und halbfertigen Werksanlagen ist nichts mehr zu sehen. Die Nacht hat sie verschluckt. Übrig geblieben ist nur der rötliche Feuerschein am Himmel, das unruhige Spiel aufblitzender und verlöschender Lichter, das harte, eintönige Rattern der unzähligen Niethämmer und der dumpfe Donner der Sprengungen. „Das ist doch nicht nur das nächtliche Panorama eines Hüttenwerks", muss ich denken, „das ist - die Front." Der erste Brief, der uns in Berlin erreichte, war von Stepanow, dem Sekretär des Parteikollektivs auf der Prokopjewsker Grube „Perwaja Koksowaja". Er schrieb: „Wir sind hier an der Front. Wir wissen es, und wir handeln danach. Wir dürfen auf uns und andere keine Rücksicht nehmen. Aber wir wissen auch, dass an dieser Front nicht gekämpft wird, um zu töten und zu vernichten, sondern um eine neue Welt und neue Menschen zu schaffen."
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