Willkommen bei Nemesis - Sozialistisches Archiv für Belletristik
|
http://nemesis.marxists.org
|
||||||||||||
Eine verlorene Wette„Oh, ich glaube, wenn man es darauf abgesehen hätte, Stoff für romantisch klingende und doch wahre Geschichten zu sammeln, so könnte man das hier vielleicht noch besser tun als in Magnitogorsk!" sagt der Sekretär des Stalinsker Parteikomitees, wie wir ihm von der Klondike-Romantik unserer ersten Magnitogorsker Stunden erzählen. „Hier konnte man wirklich vor drei Jahren noch Pelzjägern aus Coopers Lederstrumpf begegnen, braunen Schorzen (Anm.: Turktatarischer Volksstamm in den Bergen des Kusnezker Ala-Tau.) und verwitterten ,Bleichgesichtern'; hier traf man noch richtige Waldläufer an, Kerle, die von der Jagd und vom Goldsuchen lebten und die Goldnuggets tatsächlich in der Tasche trugen (jetzt arbeiten in den Bergen schon genossenschaftlich organisierte Goldsucherarteis und Pelzjägergruppen); hier war ja Einöde, Steppe, Busch und Urwald; hier standen, im Frühling neunundzwanzig, ein Dutzend Wellblechbaracken und ein Dutzend in Hütten umgewandelte räderlose Waggons am Ende einer in die Taiga führenden Zweigbahnstrecke; hier sah es so aus wie früher wohl im amerikanischen Westen. Und es ging auch so ähnlich zu: da kamen wir eines Tages durch einen Zufall dahinter, dass wir zwar schon hundertundfünzigtausend Einwohner hatten, aber noch immer nicht mehr als drei berittene Milizionäre und eine einzige kleine Arrestzelle. Gewiss, die Zahl der Verbrechen ist bei uns im Sinken begriffen, die Sowjetunion ist jetzt sogar das einzige Land, wo die Kriminalität zurückgeht, aber selbstverständlich gibt es bei uns noch Kriminelle, und selbstverständlich suchen sich die Verbrecher, schon weil die ,Arbeit' dort leichter und die Gefahr, erwischt zu werden, geringer ist, mit Vorliebe die neuen großen Industriezentren aus; wir hatten also auch hier in Stalinsk unerwünschten Zuzug - na, und eines Tages stattet so ein Bursche der Wohnung unseres zweiten Sekretärs einen Besuch ab, hat aber Pech und wird gefasst; man übergibt ihn der Miliz, aber am nächsten Tag kommt er wieder in die Wohnung des Sekretärs: Er bitte um Entschuldigung, er wäre natürlich nicht wieder erschienen, aber er habe leider gestern sein Taschenmesser vergessen! Auf die Frage, wieso er denn frei herumlaufe, gibt er zur Antwort, die Miliz habe ihn nicht behalten können, weil die einzige Arrestzelle schon besetzt war. Über dem Bau von Fabriken und Baracken und Klubs und Schulen hatten wir das Arrestlokal, und bei der Vermehrung der Kader die Miliz vergessen! |
Hinweis: Für die Korrektheit der Angaben in diesen Versionen und die Identität der Texte mit dem angegebenen Original wird keine Verantwortung übernommen. Eine Vervielfältigung der Dokumente zum Zwecke des Vertriebs ist nicht gestattet. |
|||||||||||
Sozialismus • Kommunismus • Sozialistische Belletristik • Kommunistische Unterhaltungsliteratur • Proletarisch-Revolutionäre Literatur • Utopische Klassiker • Arbeiterroman • Agitationsliteratur |