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Upton Sinclair - Jimmie Higgins (1919)
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10. Kapitel:  Jimmie Higgins begegnet dem Unternehmer

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Es war schon spät in der Nacht, als Jimmie die Ortsgruppe der Sozialisten verließ und die Straßenbahn nach draußen aufs Land nahm. Er hatte von der Haltestelle, wo er aussteigen musste, noch fast zwei Meilen zu Fuß zu gehen, und es war ein Gewitter aufgekommen; er stieg aus und begann durch die Dunkelheit und den strömenden Regen zu trotten. Mehrmals rutschte er von der Straße ab in den Graben, und einmal fiel er der Länge nach auf den Bauch, stand wieder auf und wusch sich mit dem sauberen Regenwasser, das auf ihn niederprasselte, den Schlamm aus Augen und Nase. Während er noch damit beschäftigt war, hörte er den Ton einer Hupe und sah ein grelles Licht rasch näher kommen. Er sprang wieder in den Graben, und in schnellem
Tempo fuhr ein großes Auto vorbei, das ihn von oben bis unten mit Matsch bespritzte. Vor sich hin schimpfend, stapfte er weiter. Zweifellos einer von diesen Rüstungsmillionären - die bei Nacht durchs Land rasten und mit ihren Hupen Krach machten, als ob ihnen die Straße gehörte, und dabei arme Fußgänger mit ihrem Dreck vollspritzten! So ging es weiter, bis Jimmie an eine Kurve kam und das grelle weiße Licht wiedersah, das diesmal stillstand. Es schien nach oben in die Bäume zu zeigen, und als er näher kam, wurde ihm der Grund klar - das Auto war von der Straße in den Graben gerast, auf der anderen Seite wieder hoch und dort auf die Seite gekippt. „Hallo!" sagte eine Stimme, als Jimmie angepatscht kam. „Hallo!" antwortete er. „Wie weit ist es bis zum nächsten Haus?" „Vielleicht 'ne halbe Meile." „Und wer wohnt dort?"
„Ich."
„Haben Sie Pferd und Wagen?" „Die gibt's im Farmhaus noch ein Stück weiter." „Was meinen Sie, könnten wir dort genug Männer bekommen, um diesen Wagen wieder auf die Räder zu stellen?" „Weiß ich nicht; hier wohnen nicht viele." „Verdammt!" murmelte der Mann vor sich hin. Dann, nach einem Moment: „Alsdann, hierzubleiben hat erst recht keinen Sinn." Dies an seine Begleitperson gerichtet, die Jimmie als eine Frau erkannte. Sie stand still, während der kalte Regen auf sie niederprasselte. Der Mann legte seinen Arm um sie und sagte zu Jimmie: „Gehen Sie bitte voran." So machte sich Jimmie auf den Weg und patschte durch den Matsch wie zuvor.
Geredet wurde nichts mehr, bis sie das „Pächterhaus" erreichten, in dem Jimmie mit seiner Familie wohnte. Doch unterdessen dachte der kleine Sozialist angestrengt nach; ihm kam es so vor, als ob er die Stimme des Mannes kannte, und er versuchte sich zu erinnern, wo und unter welchen Umständen er sie schon gehört hatte. Sie kamen zu dem
Haus, das dunkel war, und das Paar blieb auf der Veranda stehen, während Jimmie hineinging, nach einem Streichholz tappte und die einzige blakige Petroleumfünzel anzündete, auf die die Familie angewiesen war. Die Lampe in der Hand, trat er in die Tür und bat das Paar herein. Sie folgten seiner Einladung, und so sah Jimmie flüchtig das Gesicht des Mannes und hätte beinahe die Lampe zu Boden fallen lassen. Es war Lacey Granitch!

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Der junge Gebieter von Leesville war zu sehr mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt, um den Aus druck auf dem Gesicht des Bauerntölpels vor ihm zu bemerken; vielleicht war er auch einfach daran gewöhnt, von Bauerntölpeln erkannt und angestarrt zu werden. Er sah sich im Zimmer um und bemerkte einen Ofen. „Können Sie uns Feuer machen, damit die Dame sich trocknen kann?" „J-ja", sagte Jimmie. „Ich - ich glaube schon." Aber er rührte sich nicht; er stand wie angewurzelt. „Lacey", schaltete sich die Frau ein, „halte dich nicht damit auf. Lass den Wagen in Ordnung bringen oder besorge einen anderen." Jimmie blickte sie an; sie war ziemlich klein und sehr schön - überhaupt der schönste Mensch, den Jimmie je zu Gesicht bekommen hatte. Man sah, dass sie teuer gekleidet war, auch wenn alles, was sie anhatte, vom Regen durchweicht war.
„Unsinn!" rief Lacey. „Du kannst nicht weiterfahren, bis du wieder trocken bist - du wirst sonst krank." Und er wandte sich an Jimmie. „Machen Sie Feuer, ja?" rief er. „Ein tüchtiges Feuer. Ich werde Ihnen alles, was Sie für uns tun, entsprechend vergüten. Nur stehn Sie nicht die ganze Nacht da und glotzen!" fügte er ungeduldig hinzu. Jimmie stürzte los, um zu gehorchen; teils, weil er sein ganzes Leben lang daran gewöhnt gewesen war, loszustürzen, um zu gehorchen - teils aber auch, weil ihm die schöne nasse Lady leid tat und weil Lacey Granitch, wenn er noch länger dastand und gaffte, ihn vielleicht erkannte. Eine der lebhaftesten Erinnerungen aus Jimmies Rebellenleben war der Augenblick, als der junge Herr der Empire Machine
Shops aus der Masse der Streikenden gerade ihn herausgesucht und verflucht hatte, und es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, dass der Vorfall auf den anderen der beiden Beteiligten vielleicht einen viel weniger tiefen Eindruck gemacht haben könnte.
In wenigen Minuten war der Ofen warm, und auf Drängen ihres Begleiters legte die Lady ihren Automantel und ihren Hut ab und hängte beides über einen Stuhl. Alles darunter war nass, und der Mann drängte sie, auch Rock und Bluse auszuziehen. „ Vor ihm ist es doch egal, oder?" versuchte er sie zu überreden und meinte Jimmie, aber die Lady wollte nicht. Sie stand am Ofen, bibberte leicht und bat ihren Begleiter inständig, er solle sich beeilen und auf irgendeine Weise den Wagen wieder flottmachen. Wenn man sie nun verfolgte ...
„Ach, Unsinn, Helen!" rief Lacey. „Du quälst dich doch mit Einbildungen. Sei vernünftig und sieh zu, dass du trocken wirst." Er packte Holz in den Ofen und befahl Jimmie, noch einen Armvoll zu holen, und Jimmie gehorchte mit seinen Händen und seinen Füßen - doch unterdessen registrierte sein rebellisches Gehirn jede Einzelheit der Situation und machte sich einen Vers darauf.
Durch das Reden war Lizzie wach geworden. Deshalb lief Jimmie ins Nebenzimmer und flüsterte ihr zu: „Lacey Granitch ist hier!" Wenn er ihr erzählt hätte, der Engel Gabriel sei da oder Jehova mit all seinem Donner und seinem Gefolge von Seraphim, hätte die arme Lizzie auch nicht sprachloser sein können. Jimmie sagte ihr, sie solle aufstehen, sich Kleid und Schuhe anziehen und der Lady eine Tasse Kaffee machen; die verwirrte Frau gehorchte - wenn sie auch lieber unters Bett gekrochen wäre, als den himmlischen Persönlichkeiten unter die Augen zu treten, die von ihrem Heim Besitz ergriffen hatten.

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Lacey befahl Jimmie, ihn zu begleiten, um Hilfe zu suchen, damit der Wagen wieder fahrbereit gemacht werden konnte. Sie gingen zusammen hinaus, und auf der Veranda, bevor sie sich wieder dem Regen aussetzten, blieb der junge Granitch stehen und sagte: „Schauen Sie, lieber Mann; ich möchte, dass Sie mir helfen, ein paar Leute zusammenzuholen, und ich möchte, dass Sie schweigen - bitte sagen Sie nichts darüber, wer im Wagen war. Wenn irgendjemand kommen und Fragen stellen sollte, dann halten Sie den Mund, und es wird sich für Sie lohnen - sehr lohnen, dafür sorge ich, Haben Sie kapiert?"
Jeder Instinkt in Jimmie Higgins war bereit zu antworten: Jawohl, Sir. Das war die Antwort, die er immer auf solche Befehle gegeben hatte - er und sein Vater und auch schon seines Vaters Vorväter. Aber etwas anderes in ihm widerstand diesem Instinkt - die neue revolutionäre Psychologie, die er so mühselig erworben hatte und die ständig im Widerstreit mit seiner alten Fügsamkeit lag. Wenn jemals im Leben, dann schien jetzt der Augenblick gekommen, zu zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war. Er ballte die Fäuste, und alles in ihm wurde zu Eisen. „Wer ist die Dame?" fragte er.
Lacey Granitch war so verblüfft, dass er sichtbar zusammenzuckte. „Was wollen Sie damit sagen?" „Ich will damit sagen - ist sie Ihre Frau? Oder ist sie die Frau eines andern?"
„Also du verdammter ..." Und der junge Gebieter von Leesville hielt sprachlos inne. Jimmie trat zur Vorsicht ein paar Schritte zurück, wurde aber in seinem festen Entschluss nicht wankend.
„Ich kenne Sie, Mr. Granitch", sagte er, „und ich weiß, was Sie treiben. Sie sollten wissen, dass sie niemand zum Narren halten können."
,Was zum Teufel geht das Sie an?" rief der andere; aber dann hielt er wieder inne, und Jimmie hörte ihn schwer atmen. Offenbar bemühte er sich, seine Selbstbeherrschung zu bewahren; als er wieder sprach, war seine Stimme ruhiger. „Hören Sie, mein Guter", sagte er. „Sie haben die Chance, heute Abend einen Batzen Geld zu verdienen..." „Ich will Ihr Geld nicht!" fiel ihm Jimmie ins Wort. „Ich würde Ihr dreckiges Geld nicht anrühren, das Sie mit Menschenmord verdienen!"
„Mein Gott!" sagte Lacey Granitch, und dann schwach:
„Was haben Sie eigentlich gegen mich?"
„Was ich gegen Sie habe? Ich hab in den Empirewerken gearbeitet und bin in den Streik getreten für meine Rechte, und Sie haben mich beschimpft wie einen Hund und die Polizei zu mir geschickt, mich verhaften lassen, und dem Wilden Bill haben sie das Nasenbein gebrochen und mich auf zehn Tage eingelocht, wo ich gar nichts getan habe..."
„Ach, das ist es also?"
„Ja, das ist es; aber das würde mich noch nicht mal so stören - wenn nicht die Granaten wären, die Sie machen, um drüben in Europa Menschen umzubringen. Und das Geld verschwenden Sie dafür, mit Ballettratten Champagner zu trinken und mit den Frauen von andern Männern durchzubrennen!"
„Du...", und Lacey stieß einen gemeinen Fluch aus und stürzte sich auf Jimmie; doch Jimmie hatte das erwartet und war auf der Hut. Es war kein Geländer an der kleinen Veranda, auf der er stand, und er sprang hinunter auf den Boden und rannte fort. Weil er die Gegend kannte, konnte er in der Dunkelheit schneller laufen als sein Verfolger. Er rannte den Pfad hinunter und hinaus auf die Landstraße
- und auf einmal war der Scheinwerfer eines Autos fast über ihm. Das Fahrzeug wurde scharf abgebremst, und eine erschrockene Stimme rief: „He, hallo!"
„He, hallo!" antwortete Jimmie und blieb im Lichtkegel stehen; denn er glaubte nicht, dass sein Gegner es wagen würde, ihn dorthin zu verfolgen.
Die Stimme aus dem Auto ließ sich wieder vernehmen. „Ein Stück weiter zurück liegt ein Auto im Straßengraben. Wissen Sie vielleicht, wer die Leute sind, die in dem Auto gesessen haben?"
„Das weiß ich allerdings!" antwortete Jimmie prompt. „Und wo sind sie geblieben?"
„Da oben in dem Haus dort - Lacey Granitch und eine Lady, die Helen heißt..."
Im selben Moment wurde die Wagentür aufgestoßen. Ein Mann sprang heraus und dann noch einer und noch einer; immer mehr stiegen aus - Jimmie hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Auto so viele Leute fassen konnte. Keiner von ihnen sagte ein Wort, sondern alle begannen auf Jim-mies Haus zuzulaufen wie bei einem Sturmangriff in einer Schlacht.

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Jimmie folgte nach. Er hörte die Geräusche eines Handgemenges auf dem Rasen und Schreie aus dem Inneren des Hauses. Zuerst konnte der kleine Farmarbeiter sich nicht entscheiden, was er machen sollte, aber schließlich rannte er zum Haus, und dort im Vorderzimmer sah er die schöne Lady, der die nassen Haare über den Rücken flossen und der die Tränen über das Gesicht flossen, auf den Knien liegen vor dem Mann, der Jimmie vom Auto aus angesprochen hatte. Sie hielt mit beiden Händen seinen Mantel gepackt und klammerte sich mit solcher Verzweiflung daran, dass er sie, als er sich abwenden wollte, mit sich über den Boden schleifte. „Paul!" kreischte sie. „Was willst du tun?"
„Sei still! Sei still!" befahl der Mann. Er war jung, groß und sah übermenschlich gut aus; sein Gesicht hatte das weiße Leuchten leidenschaftlicher Entschlossenheit, seine Lippen waren zusammengepresst wie bei einem Mann, der auszieht in den Tod auf dem Schlachtfeld. „Antworte mir!" weinte die Frau immer wieder; bis er schließlich sagte: „Ich werde ihn nicht umbringen; aber ich werde ihm eine Lehre erteilen."
„Paul, Paul, hab Erbarmen!" schluchzte die Frau; hysterisch bettelte sie weiter, in der fürchterlichsten Seelenqual, die Jimmie je gesehen oder gehört hatte. „Es war nicht seine Schuld, Paul, es war meine! Ich hab es getan! Ach, um Christi willen! Du treibst mich zum Wahnsinn!" Sie stöhnte, sie flehte, sie schluchzte, bis es sie würgte, und als der Mann versuchte, ihre Hände loszureißen, kämpfte sie mit ihm, so dass er sich nicht befreien konnte.
„Du wirst mich nicht weichmachen, Helen", erklärte er. „Das lass dir gesagt sein."
„Aber ich sage dir doch, es war meine Schuld, Paul! Ich bin mit ihm davongelaufen!"
„In Ordnung", antwortete der Mann grimmig. „Ich werde dafür sorgen, dass keines andern Mannes Frau jemals mehr mit ihm davonläuft."
Ihr Geschrei setzte wieder ein, wilder als je, bis zwei andere. Männer ins Zimmer kamen. „Joe", sagte Paul zu einem von ihnen, „schaff sie zum Auto und behalt sie da. Pass auf, dass
sie nicht um Hilfe ruft - wenn jemand vorbeikommt, sorg dafür, dass sie ruhig bleibt, halt ihr den Mund zu." „Paul, du bist ein Satan!" kreischte die Frau. „Ich bring dich dafür um!"
„Nur zu", antwortete der Mann. „Mir wär's egal - aber diese Sache erledige ich noch, bevor ich sterbe." Und er riss die Hände der Frau von sich los und verlieh durch seine zornige Unnachgiebigkeit den anderen beiden Männern die nötige Entschlusskraft. Sie trugen sie halb ohnmächtig aus dem Zimmer.
Die ganze Zeit hatte Jimmie Higgins dagestanden wie versteinert, und Lizzie hatte sich in eine entfernte Ecke des Zimmers verkrochen, fast gelähmt vor Entsetzen. Nun wandte sich der Mann an sie beide. „Meine guten Leute", sagte er, „wir möchten uns Ihr Zimmer für etwa eine halbe Stunde ausborgen. Wir werden Sie gut dafür bezahlen - so gut, dass Sie das ganze Haus dafür kaufen können, wenn Sie möchten."
„W-w-was wollen Sie denn tun?" stammelte Jimmie. Wir wollen einem jungen Mann, dessen Erziehung vernachlässigt worden ist, ein paar Grundsätze der Moral beibringen", erwiderte der andere. Irgendwie konnte Jimmie damit nicht sehr viel anfangen, aber er hütete sich, noch etwas zu sagen, denn er hatte noch nie im Leben einen Menschen gesehen, der ihm so sehr den Eindruck unwiderstehlicher Kraft vermittelte wie dieser Mann. Er war wirklich ein übermenschliches Wesen, furchterregend, gerüstet mit Blitzen des Zornes.
Die Tür des Hauses öffnete sich wieder, und Lacey Granitch kam herein, an jeder Seite einen Mann, der ihn beim Arm hielt, und an den Handgelenken ein paar Handschellen. Von all dem Furchtbaren, das Jimmie in jener furchtbaren Nacht zu sehen bekommen hatte, war das Gesicht des jungen Herrn der Empire Machine Shops das Schlimmste. Es war grün - wirklich und wahrhaftig grün. Seine Knie zitterten so, dass er zu Boden zu sinken drohte, und seine dunklen Augen waren die Augen eines in der Falle gefangenen Tieres.
Hinter ihm erschien noch ein Mann, der zwei schwarze Etuis in den Händen hielt. Er öffnete das eine, entnahm ihm ein Instrument, an dem Drähte befestigt waren, und hängte einen Teil davon an einen Haken an der Wand; dann drückte er auf einen Schalter, und ein milder weißer Lichtschein erhellte das Zimmer. Der Mann, der das Kommando führte, derjenige, den die Lady Paul genannt hatte, wandte sich jetzt an Jimmie und seine Frau. „Sie können sich Ihre Lampe nehmen", sagte er. „Gehen Sie bitte ins andere Zimmer, und bleiben Sie dort, bis wir Sie rufen." „W-w-was wollen Sie denn machen?" fand Jimmie noch einmal den Mut zu stammeln. Aber der andere sagte ihm nur, er solle ins Nebenzimmer gehen und dort bleiben, und es würde schon alles in Ordnung gehen, und er würde für seine Zeit und seine Mühe gut bezahlt werden. Es würde zwecklos sein, wenn er versuchen sollte, sich einzumischen, und ebenso zwecklos, wenn er versuchen sollte, weg-zulaufen, denn das Haus wäre bewacht.

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Jimmie zwei war von dem Lärm aufgewacht und wimmerte; also lief Lizzie ihn beruhigen, und Jimmie stellte die kleine blakige Lampe auf die Kommode und ging dann hin, setzte sich zu Lizzie aufs Bett und nahm ihre Hand in die seine. Beider Hände zitterten mit unglaublicher Heftigkeit.
Jeder Laut aus dem anderen Zimmer war deutlich zu vernehmen. Lacey bettelte, und Paul befahl ihm, den Mund zu halten. Man hörte ein Handgemenge und dann ein entsetztes Stöhnen, das allmählich erstarb. In das Schlafzimmer der Familie Higgins begann ein ganz widerwärtiger Geruch einzudringen; sie konnten sich nicht vorstellen, was das war. Und dann hörten sie wildes Geschrei von Lacey Granitch, als ob er die Qualen der Hölle erlitte. Es war über die Maßen schrecklich; der Schweiß trat in Perlen auf die Gesichter der Lauschenden, und Jimmie war gerade zu der Überzeugung gekommen, dass es seine Pflicht sei, hineinzustürzen und zu protestieren oder vielleicht aus dem Fenster zu klettern und zu versuchen, sich davonzustehlen und Hilfe zu holen, als sich die Tür öffnete und der Mann, der Paul hieß, hereinkam und die Tür hinter sich wieder zumachte.
Es ist alles in Ordnung", sagte er. „Die Leute machen immer Theater, wenn man ihnen eine Narkose gibt; lassen Sie sich dadurch nicht erschrecken." Und er blieb stehen und wartete, starr und verbissen, während die Geräusche weiter zu vernehmen waren. Schließlich hörten sie auf, und es herrschte Stille - eine lange, lange Stille. Er öffnete die Tür und ging zurück ins andere Zimmer, und die beiden Higgins blieben zurück und hielten sich bei den zitternden Händen.
Ab und zu hörten sie einen Mann mit leiser Stimme sprechen oder jemand durchs Zimmer gehen, und immer stärker drang dieser schauderhafte, übermächtige Geruch herein, der sie befürchten ließ, sie würden ersticken und ihre drei Kleinen auch. Die Spannung und das Entsetzen waren fast unerträglich geworden - als sie endlich wieder Lacey Granitch vernahmen, der stöhnte, schluchzte - herzzerreißende Laute. „Mein Gott! Mein Gott!" flüsterte Lizzie. „Was machen sie bloß?" Und als Jimmie nicht antwortete, flüsterte sie wieder: „Wir sollten sie daran hindern! Wir sollten Hilfe holen!"
Aber dann öffnete sich die Tür noch einmal, und Paul kam herein. „Es ist jetzt alles in Ordnung", sagte er. „Er taucht wieder auf." Keiner von den beiden Higgins hatte die leiseste Ahnung, was mit „taucht wieder auf" gemeint war, aber es beruhigte sie, dass wenigstens dieser herrische Mensch zufrieden war. Sie warteten; sie hörten Lacey sich erbrechen, wie es schien - und dann hörten sie ihn zwischen seinen kraftlosen, keuchenden Atemzügen fluchen. Er beschimpfte die Männer mit dem gleichen gemeinen Ausdruck, mit dem er Jimmie belegt hatte, und das setzte irgendwie die ganze Angelegenheit in ein besseres Licht - es brachte einen wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurück. Paul ging hinaus und blieb eine Weile fort, und als er zurückkam, sagte er: „Wir gehen jetzt, und seien Sie versichert, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir werden den Patienten hierlassen, und sobald wir zu einem Telefon kommen, werden wir das Krankenhaus benachrichtigen, damit ein Krankenwagen geschickt wird. Sie brauchen also weiter nichts zu tun, als zu warten, sich still zu verhalten und sich keine Sorgen zu machen. Und hier ist etwas für die Überlassung Ihres Hauses..." Der Mann hielt Jimmie ein Bündel Geldscheine hin, das er mechanisch nahm. „Und wenn Sie jemand fragen sollte, was heute Nacht passiert ist, sagen Sie einfach, Sie haben nichts gesehen und wissen nicht das mindeste darüber. Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästigt habe, aber es war nicht zu vermeiden. Und nun gute Nacht."
Und so ging der herrische junge Mann hinaus, und sie hörten ihn und seine Begleiter die Verandastufen hinunterstampfen. Sie lauschten, bis sie hörten, dass das Auto anfuhr und in die Dunkelheit entschwand. Dann vernahmen sie aus dem Nebenzimmer ein Stöhnen. Zitternd vor Angst, stand Jimmie auf und stahl sich bis zur Tür, die er einen winzigen Spalt breit öffnete. Das Zimmer lag in völliger Dunkelheit. „Holen Sie mir Wasser!" stöhnte die Stimme Laceys, und Jimmie ging auf Zehenspitzen zurück, nahm die blakige kleine Lampe und kam dann wieder an die Tür. Er spähte hinein und sah, dass Lacey auf dem Boden lag, über sich ein Laken, aus dem nur sein Kopf hervorguckte, der auf einem Kissen lag. Sein Gesicht war gelb und schmerzverzerrt. „Wasser! Wasser!" wimmerte er, und Jimmie holte eilig ein Glas und füllte es aus dem Eimer. Als er es Lacey brachte, versuchte dieser erst zu trinken und begann sich dann zu erbrechen; dann lag er da und schluchzte leise vor sich hin. Er sah, wie Jimmie ihn anstarrte, und seine Augen füllten sich plötzlich mit Hass, und er flüsterte: „Das hast du mir eingebrockt, du verdammtes kleines Stinktier!"

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