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Was die Alten sungen, das zwitscherten die JungenAls weitere Wirkung dieser Kämpfe war eine zunehmende Streitlust der Jugend zu verzeichnen. Die ganz Jungen bis hinauf zu den Halbwüchsigen und den Lehrlingen im ersten Jahr taten sich zusammen und unternahmen einen Überfall auf die Station, mit den Steinen vom kleinsten Kiesel bis zur Größe eines Kalbskopfes. Sie hatten das Gebäude regelrecht umstellt und als die Steine auf die Walldächer niederprasselten, hielten die Beamten im ersten Schreck es für ratsam, nicht in Erscheinung zu treten. Man konnte ja nicht wissen, was das zu bedeuten hatte. Als sichtbares Zeichen des gelungenen Angriffs gingen ein paar Scheiben zum Teufel. Dann zerstreuten sich die Angreifer unter lautem Johlen. Die Kleinsten waren die eifrigsten. Man beratschlagte schon, auch die durchgehenden Züge mit entsprechenden Mitteln anzugreifen. Ließ es dann aber sein, als einige Eisenbahnarbeiter, die in der Kolonie wohnten, sehr energisch auf das Unsinnige dieses Tuns verwiesen. Im Grunde genommen mochte aber der Stationsvorsteher, der ein sehr aufgeblasener und militärschnäuziger Herr war, allein sehen, wie er mit der Bande fertig wird. Die Kolonisten kümmerten sich sonst nicht darum. Die Kinder fanden bald raus, dass sie freies Feld hatten und die paar Beamtenhäuser um die Station, deren Bewohner zudem ganz für sich abgeschlossen lebten, boten zu wenig Angriffsmöglichkeit. Der Bandenkrieg lebte wieder auf. Da hatten sich gleiche Trupps gebildet in den Nachbarkolonien, die sich zunächst nichts besseres ausdenken konnten, als sich aufs heftigste zu bekämpfen. Nach dem Auftreten des Militärs war der Zusammenhalt der Kolonien wieder schnell verloren gegangen. Zuerst hatte jeder genug mit sich selbst zu tun, und infolge davon bildeten sich auch eigne Meinungen über die Verlässlichkeit, den Mut und die Kampfklugheit der Leute von Arbeitsfriede, Freudenthal und Waldheim. Sie sahen sich ja kaum, und wenn wirklich einige gemeinsam zur Arbeitsstätte fuhren, so hielten sie sich nach der eigenen Kolonie noch zusammen und auch dann nur solange, bis auf näher an die Stadt gelegenen Stationen andere und Fremde zustiegen. Unter diese sich dann zu mischen war vernünftiger, man hörte vielleicht etwas neues. So ging für die Kinder die Parteibildung leicht von statten und bald waren es die Waldheimer gewesen, die durch den Wald auf Arbeitsfriede gezogen waren und dort gebührend empfangen und mit blutigen Köpfen heimgeschickt worden waren. Die Lehrlinge, die nur halb bei der Sache waren, sie ließen sich nötigen, sie schämten sich etwas dieser Kampfgemeinschaft mit den Barfüßlern und Rotznasen, waren jedoch für die Entwerfung der strategischen Pläne unersetzlich. Sie hielten sich mehr im Hintergrunde, gaben aber durch ihre Anwesenheit den Kämpfern die Gewissheit, dass die Sache durchaus ernst war, und nur der Augenblick ihres Eingreifens abgewartet werden musste, um den Kampf zur endgültigen Entscheidung zu bringen. Das ging jetzt schon so Woche für Woche. Die Alten waren ganz froh, wenigstens waren die Kinder aus dem Hause raus. Man passte auch auf den Garten nicht mehr so auf, die Bäume blieben wo sie waren, und Kaninchen und Hühner hatten Ruhe. Mutter behalf sich manchmal in vielem lieber selbst. In Kundschaftertrupps schlichen die Jungen im Walde rum und wo sie einen Einzelnen erwischten von der Gegenseite, der irgendwo aufgestellt und stehen gelassen war und obendrein die Zeit verpasst hatte, noch mit gutem Winde davon zu laufen, den verprügelten sie ganz jämmerlich. Namentlich die Kleinsten traf das gar nicht so selten. Die hatten dafür die Ehre davongetragen, eine wichtige Rolle zu spielen. Man stellte sie auch als Lockvögel auf, während die, die gut zuhauen konnten, im Hinterhalt lagen; um gegebenenfalls einzugreifen, wenn die Überlegenheit sicher auf ihrer Seite war. Manchmal ließen sie allerdings auch ihre Lockvögel im Stich. Deren jämmerliches Heulen konnte man dann kilometerweit hören. Aber das gab Stoff für neue Rachepläne. Und an einem Tage, noch mitten im Vorfrühling, sollte ein entscheidender Schlag getan werden, er ließ sich nicht umgehen. Alle Hilfstrupps waren auf beiden Seiten schon zusammengezogen. Die Kleinsten und die Mädchen bildeten die Spitze, sozusagen die Schutzwehr. Dahinter kamen welche mit langen Stangen, mit Latten, Knüppeln und allerhand Wurfgeschossen, dann hinten einige Gruppen Lehrlinge, die sich auf ihre Fäuste verließen, für alle Fälle aber Steine in die Tasche gesteckt hatten. Große Umgehungsmanöver fanden diesmal nicht statt, dazu war die Entscheidung zu nahe gerückt. Am Dorf, wo den Wald eine Mulde durchzog, künstlich erweitert für die Schneeabwehr, so dass auf beiden Seiten mehrere fußhohe Erhöhungen sich gegenüber standen, trafen sich die feindlichen Haufen. Mit einer unbändigen Kampfesstimmung waren sie ausgestoßen und mit großem Geschrei kamen sie sich einander in Sicht. Rufe gingen hin und her, Schimpfworte und drohende Aufforderungen anzufangen. Aber keiner ging die Höhe hinunter, um durch die Mulde nach drüben hinaufzustürmen. Die Stimmung wurde immer drohender, aber noch fiel kein Stein, die Stangen standen noch fest in den Händen, nur das Maul lief über. Es war ein ziemlicher Lärm. Die älteren Jungens und Lehrlinge berieten in Gruppen den Angriff, standen herum und sparten nicht mit drohenden Mienen. Ein paar Leute, die im Walde Holz sammelten, hatte das Geschrei herbeigelockt. Sie waren voller Erwartung und sahen sich das Schauspiel an, was wohl daraus werden mochte. Aber es wurde nichts. Es wurde dunkel und je hitziger die Drohenden, desto mehr sank die eigentliche Kampfeslust. Man wich auf beiden Seiten der Entscheidung aus, wo doch die Kräfte diesmal wirklich gleich gewesen waren. Die Entscheidung wäre bestimmt gefallen, so aber vertrösteten sie sich auf ein andermal. Nur bei der Nachhut gab es, in der Feldherrnsprache, ein Geplänkel. Ein Bengel von eben sechs Jahren war doch noch den Abhang mit Hilfe eines kameradschaftlichen Schubses heruntergerutscht, und da er zu brüllen anfing, hielten die drüben das für ein Zeichen — und pfefferten ihm ein paar Knüppel an den Kopf. Und einer traf so, dass der ein Loch davontrug. Die anderen waren aber schon im Abmarsch, und der einzige Held lief schreiend hinterher. Sonst ereignete sich weiter nichts. |
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