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Franz Jung - Arbeitsfriede (1922)
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Schlusswort

Wieder gleitet die Zeit ein Stück weiter. Wie ein Gletscher, der auf seinem Rücken den Schutt der Felsengebirge zum Abgrund trägt.
Der Leser erwartet vielleicht jetzt die Fanfare. Es wäre ein Leichtes, damit zu schließen. Wir aber wollen alle Kraft darauf verwenden, den Schwall der Worte zu beseitigen und das Herz zu öffnen. Nicht von außen wird jener Koloss, der die soziale Revolution ist, in die Welt und ins Land geschoben, sondern es erwächst aus uns selbst, aus unserem Glauben und unseren Opfern. Das ist die Macht, die wir erobern. Lassen wir uns nicht täuschen von äußeren Begleiterscheinungen. Sie wechseln ständig und wir werden, sie zu fangen, immer eine Sekunde später sein. Man kann sagen, die Macht erobern ist das Zeichen geben, dass wir sie schon besitzen. Nun, wenn wir die Masse derer überschauen, die arbeiten wollen, ganz einfach tätig sein, so müssen wir begreifen: Wir besitzen die Macht bereits. Warum trauen wir uns nicht heraus mit dem Zeichen? Weil wir an die Wahrheit der einzelnen Inhalte nicht glauben, weil unser bisheriges Leben zu zersplittert, zu wenig opferbereit, zu wenig Gemeinschaft ist. Denn das Zeichen ist, dass wir gemeinsam und für die Gemeinschaft arbeiten. Wer soll dem widerstehen können? Eine Regierung? Beamte, Soldaten? Sind das steinerne Riesen oder nicht auch Menschen wie wir? Sollten wir, die wir an die Gemeinschaft glauben und in wirklichem Sinne gemeinsam handeln, nicht dagegen aufkommen können?
So lange wir uns aber vor einander verstecken, so lange wir nicht die werktätige Gemeinschaft begriffen haben, sondern gegen einander voll Misstrauen sind, so lange wir immer nur, wenn schon mit Sympathie darauf warten, was die andern tun, um uns dem vielleicht anzuschließen, so lange sind wir unfähig, das Zeichen zu geben. Und wenn uns die Macht in den Schoß fällt, weil die andern sie nicht länger halten können, (eine einfältige Hoffnung, vergesst ihr die ganze Welt) — so werden wir allzuwenig damit beginnen können, sie zu behaupten. Wir Gemeinschaftsgläubigen, die jetzt zu herrschen berufen sind, stellen uns darunter etwas anderes vor als die bürgerliche Klasse, die so lange an der Macht war. Wir meinen, die Macht zur weiteren Entfaltung des Menschlichen, zum tieferen Verständnis des Lebendigen, zur Gemeinschaft. Wir sind alle zusammen im Menschlichen klein. Kleine Menschen mit tausend kleinen Sorgen und kleinen Freuden. Wir gehen noch alle zu Grunde, nur weil wir einfältig sind und denken, es ist die Müdigkeit. Aber mögen wir auch zum Teufel gehen, unsere Spur im Leben ist ein neues Staubkorn zum Ganzen. Überschätzen wir das nicht, aber arbeiten wir unverdrossen. Wir werden dahin gelangen, ganz frei und im Glück zu sein. Unser Verstand, unser Leben ist noch eingestellt auf die Hoffnung und auf die Zuversicht. Ist das nicht schön? Ist es nicht schon Glück, härter und doppelt zu arbeiten? Und wenn du den Kameraden auf der Straße triffst, du warst mit ihm in den Versammlungen, du hast in der Partei Schulter an Schulter gestanden, vielleicht auf den Barrikaden — geh nicht einfach vorbei, sondern drück ihm die Hand und bekräftige das. Wozu lange Worte. Und richtet nicht. Viele fallen ab, werden schwach, verzweifeln, drücken sich, winden sich da oder dort, im Staub — Staubgeborene. Einmal haben alle Recht und die Wahrheit. Wer wird entscheiden — Du nicht, sondern später einmal das Leben, die Gemeinschaft. Dann wird die Zeit sein, wo man von einem Kameraden wird sagen können: Er war ein Verräter und Lump, denn er starb.

ENDE

 


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