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Das Gewitter zieht aufEin paar Wochen vergingen. Der Sommer verging. Die Zeit war schon im September. Von keiner Seite war man an den Verein bisher herangetreten, der Verfallstermin war schon lange vorbei. Aber auch sonst rührte sich nichts. Die Werkstätte arbeitete zwar flott. Die Schule dehnte sich immer weiter aus. In einer gemeinschaftlichen Sitzung der Ausschüsse war die Verschmelzungsfrage der Kolonien besprochen worden. Weißbach hatte Wort gehalten und drängte selbst auf den Vertrag. Alle waren auch überzeugt, dass man den Gutshof übernehmen würde. Aber schließlich hatte doch jeder seiner eigenen Arbeit nachzugehen. Vielleicht dachten viele, es genügt, wenn man die ersten Vorbereitungen über den Berg hat, das andere entwickelt sich von selbst. Vielleicht zogen sich auch die Besprechungen mit den Organisationen so lange hin. Es ist leicht sozusagen eine grundsätzliche Bereitwilligkeit erklärt, wie aber anfassen, dass auch alles wirklich durchgeführt wird. Das ist ein schwieriger Weg. Aber man hatte weder Angst noch Misstrauen, war doch jeder, wie schon gesagt, in seinem Betriebe mit seiner eigenen Arbeit vollauf beschäftigt. Da waren die Streitigkeiten über Akkord und Lohn. Da war der Aufmarsch für den politischen Endkampf. Die Meinungen standen hart gegeneinander, auch in der Arbeiterschaft. Dabei will jede Behauptung bewiesen sein. Und ehe man sich entschließt, selbst mit Hand anzulegen und als Mitstreiter in den politischen Kampf zu treten, muss der Weg ganz klar und schon das Ziel deutlich sichtbar sein. Das gibt harte Auseinandersetzungen, die den Kopf ausfüllen. Und dann die Not, überhaupt sich durchzuschlagen, die knappen Verhältnisse zu Hause, die Familie bürdet immer neue Sorgen auf — wie soll das alles auf einmal geändert werden. Man hat gerade zu tun, dass man den Garten mit in der Hand hält. Und sie beschäftigen sich mit all diesen Dingen nur eben soweit, als sie bereits hineingesetzt worden waren. Es schien nicht vorwärts zu gehen. Der Pächter Weißbachs war zwar mal im Ort gewesen und hatte mit dem oder jenem gesprochen. Er sei zu alt; und wenn Weißbach nach der Stadt zieht, geht er auch. Er sei eigentlich von Beruf Ziegelmeister und hätte nur eine kleine Wirtschaft so nebenbei gehabt. Jetzt habe er das Wirtschaften gründlich satt, und wie er gehört hätte von dem Aufschließen des neuen Geländes und alles das, so dächte er, es wäre das beste, sie sollten die Gebäude und den Hof gleich mit übernehmen. Verwendung dafür hätten sie doch genug, ob sie daran schon gedacht hätten und so. Man sprach mit ihm hin und her und ließ ihn dann schließlich unverrichteter Sache wieder gehen. Das wird alles zu seiner Zeit schon geregelt werden, natürlich wollen wir das und jenes damit anfangen, sagte manch einer. Aber es kümmerte sich vorläufig niemand weiter drum, wie die Sachen standen. Später, dachten sie, vorläufig ist wenigstens alles schon eingeleitet. Es wird schon in Fluss kommen. Damit war die Zeit vergangen. Neue Streiks kündigten sich an. Weitere Einschränkung der Arbeit war angedroht. Der Staat schien bereits in allen Fugen zu krachen. Aber man täuscht sich nur zu oft. Der kapitalistische Staat ist zäher, als viele meinen. Er bricht nicht so ganz von sich selbst allein zusammen. Da heißt es mit anfassen, ihm den Rest zu geben. Da muss man mit stoßen. Sonst verwest er über Generationen und saugt jeweils noch die Arbeiterschaft in seinem Verfall mit hinein. Das Leichengift ist noch das gefährlichste Gift. Es zermürbt und schwächt, entblättert die Hoffnung und macht gleichgültig und müde, nur immer abzuwarten, wann wohl der Zusammenbruch kommt. Die Not allein treibt nicht. Obwohl sie allein im Augenblick alle gemeinsam umfasst. Aber, sagt ihr, was kann der einzelne schließlich tun — Wir haben doch zuerst unsere Brotarbeit, und ob ich mit Wut oder mit Gleichmut arbeite, das bleibt der Drehbank gleich. Vielleicht wenn alle so denken, ist das richtig, aber der Staat wird dadurch gerettet. Darauf baut er sich überhaupt nur allein auf. Vielleicht ist es aber auch notwendig, dass jeder über den engen Kreis seiner Hände Arbeit hinausdenkt, sich mit den andern, die eben so sind wie er, verbindet, gemeinsam denkt, gemeinsam daran arbeitet, einen Schritt weiterzukommen. Nicht warten, bis die andern einen rufen und den Karren weiter schieben, sondern jeder selber schon von vornherein mit anfassen. Die andern alle, die so wichtig sind, ehe überhaupt etwas getan wird, auf die man zählt als Vorbedingung, bis einer mittun will, fallen denn die als Block vom Himmel? — Nein, du selbst musst sie mit entstehen helfen. Jeder einzelne hat schon mit seiner Existenz seine Aufgabe. Wer sagt euch das, dass sich einer immer hinter den anderen verstecken muss? Dann ist es leicht, jeden einzelnen hervorzuholen und klein zu kriegen. Das ist nicht mal Verteidigung. Aber nur der Angriff kann uns nützen. |
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