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Franz Jung - Die Eroberung der Maschinen (1923)
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Der Sinn des Lebens

Bald werden die Menschen einmal sich ernstlich fragen, wozu sie leben. Das wird die Zeit sein, wenn die Einsamkeit aus dem Kreise der Lebenden gejagt sein wird. Dann werden sich einmal die Menschen seltsam nahe und einander gleichartig vorkommen. Dann wird einer aufstehen und von der Menschlichkeit zu sprechen anfangen, als hätten sie das alles die längste Zeit vergessen gehabt. Nun, wird man dann fragen, wozu leben wir eigentlich - (ich möchte bei diesem Erraten gern anwesend sein). Wer fragt, weiß schon, noch ehe er mit dem Satz zu Ende ist. Vielleicht, dass die Menschen sich noch abgewöhnen zu sprechen, denn sicher ist unsere Sprache plump und schwerfällig geworden. Das sollte uns schon der elektrische Funke beweisen. Um einander leben zu helfen, um das Glück einander tragen zu helfen, um gemeinschaftlich zu arbeiten, um Mensch und menschlich zu sein — und einer wird vielleicht sagen, um uns menschlich und das Menschliche menschlicher zu machen. Aber was man auch sagen wird, man wird das eine aussprechen und vielleicht ausdenken, das andere aber wird man fühlen und wissen, das wird man im Blute haben. Das aber ist: sich zu vollenden, sich zu steigern, sich über das Einzelich hinauswachsen zu lassen, eins zu werden mit der Gemeinschaft, gemeinsam zu steigern nach der Breite wie nach der Tiefe des Glücks, des gemeinschaftlichen Glücks wie des Eigenglücks.
Dann überwindet der Mensch das Drängende, das Unzufriedene. Er wird ruhig und spiegelklar. Sich zu vollenden lässt ein Zittern nicht aufkommen, duldet keine Angst mehr. Es ist das Menschlichste der menschlichen Aufgaben. Der Einzelne ist dann schon auch der jeweilige Vollender, die Wucht der Arbeit aller Vorangegangenen lastet auf ihm, die er zu steigern unternommen hat. Zweifellos wird sein Fuß nicht straucheln, mutig wird er neben den Heranwachsenden einherschreiten, bis seine Kräfte ihre Vollendung in der frischeren und beschwingteren Menschlichkeit des nun bis zu ihm Emporgewachsenen gefunden haben und zu erleben beginnen. Das Lebenstempo wird gemeinsam gesteigert werden. Warum sollte der Alte abtreten - denn es wird sich ergeben, dass es ein Alter nicht gibt. Wozu altern - überlassen wir das den Absterbenden. Wir wollen leben! Wir fangen erst an zu leben, und was nach uns kommt, das wird dieses Leben zu steigern imstande sein. Dazu wächst es heran. Darum vereinigen wir uns mit ihm. Dann, wenn wir unserer selbst bewusst genug und würdig geworden sind, mit der Jugend zu gehen. Dann wird uns die nachdrängende Jugend endlich gemeinschaftlich machen.

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