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George Orwell - Mein Katalonien (1938)
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Sechstes Kapitel

Während der ganzen Zeit absolvierten wir unsere tägliche, genauer gesagt, nächtliche Runde. Es war die übliche Beschäftigung: Wache schieben, Spähtrupps unternehmen, Schützengräben ausheben und dazu Schlamm, Regen, heulende Winde und gelegentlich Schnee. Erst spät im April wurden die Nächte spürbar wärmer. Hier auf der Hochebene waren die Märztage größtenteils wie ein englischer März, mit strahlend blauem Himmel und ständigem Wind. Die Wintergerste stand dreißig Zentimeter hoch, auf den Kirschbäumen bildeten sich rosa Knospen, denn die Front verlief hier durch verlassene Obstgärten und Gemüsegärten. Wenn man in den Wassergräben suchte, konnte man Veilchen und eine Art wilder Hyazinthen finden, die wie eine bescheidene Abart der Sternhyazinthe aussahen. Unmittelbar hinter der Front floss ein wunderschöner grüner, schäumender Bach, es war das erste klare Wasser, das ich seit meiner Ankunft an der Front gesehen hatte.
Eines Tages biss ich die Zähne zusammen und schlüpfte in den Fluss, um mein erstes Bad nach sechs Wochen zu nehmen. Es war allerdings ein kurzes Bad, denn das Wasser war vor allem Schneewasser und nur wenig über dem Gefrierpunkt.
Während dieser Zeit ereignete sich nichts, es ereignete sich überhaupt nie etwas. Die Engländer pflegten zu sagen, dies sei kein Krieg, sondern eine verdammte Pantomime. Wir lagen nur selten unter dem direkten Beschuss der Faschisten. Die einzige Gefahr drohte durch verirrte Kugeln, die aus verschiedenen Richtungen kamen, da die Front sich auf beiden Seiten nach vorne ausbuchtete. Die Verluste wurden zu dieser Zeit nur von Irrläufern verursacht. Arthur Clinton
wurde von einer geheimnisvollen Kugel getroffen, die seine linke Schulter zerschmetterte und seinen Arm, wie ich befürchtete, für immer unbrauchbar machte. Wir hatten gelegentlich Artilleriebeschuss, aber er war außergewöhnlich unwirksam. Das Heulen und Krachen der Granaten galt in Wirklichkeit als eine milde Ablenkung. Die Faschisten feuerten ihre Granaten nie auf unsere Brustwehr. Einige hundert Meter hinter uns stand ein Landhaus, La Granja genannt. Seine großen landwirtschaftlichen Gebäude dienten als Lager, Hauptquartier und Küche für diesen Frontabschnitt. Die faschistischen Artillerieschützen zielten auf diese Gebäude. Aber sie lagen fünf oder sechs Kilometer weit weg und zielten nie genau genug, um mehr als die Fenster zu zerschmettern oder die Wände anzukratzen. Man war nur dann in Gefahr, wenn man gerade die Straße hinaufkam, wenn der Beschuss anfing und die Granaten auf beiden Seiten in die Felder schlugen. Man lernte beinahe am ersten Tag die geheimnisvolle Kunst, aus dem Pfeifen der Granaten zu erkennen, wie nah sie einschlagen würden. Die Granaten, die die Faschisten damals abfeuerten, waren jämmerlich schlecht. Obwohl sie ein Kaliber von hundertfünfzig Millimeter hatten, war der Krater eines Einschlages nur etwa zwei Meter breit und eineinviertel Meter tief, unter vier Granaten explodierte mindestens eine nicht. Man erzählte sich darum die üblichen romantischen Geschichten von Sabotage in den faschistischen Fabriken und von Granaten, die nicht explodierten und statt Sprengstoff ein Stück Papier enthielten, auf dem stand: »Rotfront«. Ich habe nie etwas Derartiges gesehen. In Wirklichkeit waren die Granaten hoffnungslos alt. Jemand fand eine bronzene Zünderkappe, auf der ein Datum eingestempelt war: es war 1917. Die Kanonen der Faschisten hatten das gleiche Fabrikat und Kaliber wie unsere eigenen, und die nicht explodierten Granaten wurden oft wiederhergerichtet und zurückgeschossen. Man erzählte sich, es gebe eine alte Granate, die es schon zu einem Spitznamen gebracht habe, täglich hin- und herreise, aber nie explodiere.
Nachts wurden kleine Spähtrupps ins Niemandsland geschickt, um in den Gräben nahe der faschistischen Linie zu liegen und auf Geräusche (Hornsignale, Hupen und so weiter) zu horchen, die auf Bewegungen in Huesca schließen ließen. Wir beobachteten ein ständiges Kommen und Gehen der faschistischen Truppen und konnten ihre Zahl nach den Berichten der Lauscher einigermaßen genau feststellen. Wir waren vor allem angewiesen worden, über das Läuten der Kirchenglocken zu berichten. Es schien, dass die Faschisten jedes Mal zur Messe gingen, ehe sie in die Schlacht zogen. Zwischen den Feldern und Obstgärten lagen verlassene Lehmhütten, und es war ungefährlich, sie beim Licht eines Streichholzes zu durchforschen, nachdem man die Fenster aufgebrochen hatte. Manchmal fand man wertvolle Beutestücke, wie zum Beispiel ein Beil oder eine faschistische Wasserflasche (die besser als unsere waren und deshalb sehr gesucht wurden). Man konnte auch während des Tages die Gegend erkunden, aber das musste meistens auf allen vieren kriechend geschehen. Es war ein eigenartiges Gefühl, in diesen leeren, fruchtbaren Feldern herumzukriechen, in denen gerade zur Erntezeit jede Arbeit aufgehört hatte. Die Ernte des letzten Jahres war niemals angerührt worden. Die ungeschnittenen Reben wanden sich auf dem Boden entlang, die Maiskolben waren auf den Stengeln so hart wie Stein geworden, die Zucker- und Runkelrüben waren zu riesigen, hölzernen Klumpen verwachsen. Wie die Bauern beide Armeen verflucht haben müssen! Manchmal suchten einige Männer im Niemandsland nach Kartoffeln. Ungefähr anderthalb Kilometer auf unserer Rechten, wo die Linien näher beieinander verliefen, gab es ein Feld mit Kartoffeln, das sowohl von den Faschisten wie auch von uns besucht wurde. Wir gingen tagsüber dorthin, sie nur bei Nacht, denn es wurde von unseren Maschinengewehren beherrscht.
Eines Nachts kamen sie zu unserem Verdruss en masse heraus und räumten das ganze Feld. Ein Stück weiter weg entdeckten wir ein anderes, aber dort gab es praktisch keine Deckung, und man musste die Kartoffeln auf dem Bauch liegend ausgraben - eine ermüdende Arbeit. Wenn ihre Maschinengewehrschützen uns entdeckten, mussten wir uns flach wie eine Ratte machen, die unter einer Tür durchschlüpft, während die Kugeln die Erdklumpen wenige Meter hinter uns zerfetzten. Es schien aber damals der Mühe wert zu sein. Kartoffeln wurden sehr rar. Wenn man einen Sack voll hatte, konnte man sie zur Küche bringen und sie gegen eine Wasserflasche voll Kaffee eintauschen.
Aber es ereignete sich immer noch nichts, und es sah auch nicht so aus, als ob sich etwas ereignen würde. »Wann werden wir angreifen? Warum greifen wir nicht an?« lauteten die Fragen, die man Tag und Nacht sowohl von den Spaniern wie auch von den Engländern hörte. Wenn man weiß, was kämpfen bedeutet, klingt es eigenartig, dass Soldaten kämpfen möchten, und doch wollen sie es zweifellos. Im Schützengrabenkrieg gibt es drei Dinge, wonach sich alle Soldaten sehnen: eine Schlacht, mehr Zigaretten und einen einwöchigen Urlaub. Wir waren jetzt etwas besser als vorher bewaffnet. Jeder Soldat hatte hundertfünfzig Patronen Munition anstatt fünfzig. Nach und nach erhielten wir Bajonette, Stahlhelme und einige Handgranaten. Wir hörten das ewige Gerücht von einer bevorstehenden Schlacht. Ich glaube heute, es wurde absichtlich in Umlauf gesetzt, um die Moral der Truppe hochzuhalten. Man brauchte nicht viel militärische Kenntnisse zu haben, um zu sehen, dass es auf dieser Seite von Huesca keine größeren Kampfhandlungen geben werde, zumindest nicht zu jener Zeit. Der strategisch wichtige Punkt war die Straße nach Jaca, sie lag auf der anderen Seite.
Als die Anarchisten später ihren Angriff auf die Straße nach Jaca begannen, war es unsere Aufgabe, hinhaltende Angriffe zu unternehmen und die Faschisten zu zwingen, Truppen von der anderen Seite abzuziehen.
Während der ganzen Zeit, also etwa sechs Wochen lang, gab es nur ein Ereignis an unserem Frontabschnitt. Damals griffen unsere Stoßtruppen Manicomio an, eine nicht mehr benutzte Irrenanstalt, die die Faschisten in eine Festung umgewandelt hatten. In der P.O.U.M. dienten mehrere hundert deutsche Flüchtlinge. Man hatte sie in einem besonderen Bataillon, dem Batallon de Choque, zusammengefasst. Vom militärischen Standpunkt aus hatten sie im Vergleich mit der übrigen Miliz recht unterschiedliche Qualifikationen. Sie waren wirklich mehr als irgend jemand, den ich in Spanien sah, Soldaten, mit Ausnahme der Sturmgarde und einem Teil der Internationalen Brigade. Der Angriff wurde wie gewöhnlich verdorben. Ich frage mich, wie viele Operationen in diesem Kriege wohl auf der Regierungsseite nicht verdorben wurden? Die Stoßtruppen nahmen Manicomio im Sturm. Aber die Truppen, ich habe vergessen, zu welcher Milizeinheit sie gehörten, die sie unterstützen sollten, indem sie die benachbarten Hügel, die Manicomio beherrschten, nehmen sollten, wurden ziemlich böse zurückgeschlagen. Der Kapitän, der sie anführte, war einer jener regulären Armeeoffiziere einer etwas zweifelhaften Loyalität, auf deren weiteren Diensten die Zentralregierung bestand. Aus Furcht oder Verrat warnte er die Faschisten, indem er eine Handgranate warf, als er zweihundert Meter weit von ihnen entfernt war. Es bereitet mir eine Genugtuung zu berichten, dass seine Leute ihn auf der Stelle erschossen. Aber der Überraschungsangriff war keine Überraschung mehr, und die Milizsoldaten wurden durch heftiges Feuer niedergemäht und vom Hügel heruntergetrieben. So mussten die Stoßtruppen beim Anbruch der Nacht Manicomio wieder aufgeben. Die ganze Nacht hindurch fuhren die Ambulanzwagen die abscheuliche Straße nach Sietamo hinunter und töteten dabei die Schwerverwundeten durch die schüttelnde Fahrt.
Jetzt waren wir alle verlaust, denn trotz der Kälte war es dafür schon warm genug. Ich habe ziemliche Erfahrungen mit körperlichem Ungeziefer jeder Art gemacht, aber an absoluter Gemeinheit schlägt die Laus alles, was mir je begegnet ist. Andere Insekten, wie beispielsweise die Mücken, machen einem mehr zu schaffen, aber sie sind wenigstens keine Dauerbewohner. Die menschliche Laus gleicht etwa einem winzigen Krebs und lebt hauptsächlich in den Hosen. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sie loszuwerden, außer dass man seine Kleidung verbrennt. Sie legt ihre glitzernd weißen Eier, die wie winzige Reiskörner aussehen, in die Hosennähte, und daraus kriechen junge Läuse aus und brüten selbst mit schrecklicher Geschwindigkeit neue Familien aus. Ich glaube, es wäre nützlich für die Pazifisten, ihre Flugblätter mit vergrößerten Fotografien von Läusen zu illustrieren. Das ist wahrhaftig die Glorie des Krieges! Im Krieg sind alle Soldaten verlaust, wenigstens wenn es warm genug ist. Die Männer, die bei Verdun, bei Waterloo, bei Flodden, bei Senlac und bei den Thermopylen kämpften -jeder von ihnen hatte Läuse, die über seine Hoden krochen. Wir kamen dem Viehzeug ein wenig bei, indem wir ihre Eier ausbrannten und so oft, wie wir den Mut dazu aufbrachten, badeten. Außer Läusen hätte mich nichts in den eiskalten Fluss treiben können.
Alles wurde knapp - Stiefel, Kleidung, Tabak, Seife, Kerzen, Streichhölzer und Olivenöl. Unsere Uniformen lösten sich in Stücke auf, und viele Männer hatten keine Stiefel mehr, sondern nur Sandalen mit Sohlen aus Stricken. Überall fand man ganze Haufen zerschlissener Stiefel. Einmal nährten wir ein Feuer im Unterstand zwei Tage lang fast nur mit Stiefeln, die kein schlechter Brennstoff sind. Zu diesem Zeitpunkt war meine Frau in Barcelona und schickte mir Tee, Schokolade, ja sogar Zigarren, wenn sie so etwas bekommen konnte. Aber selbst in Barcelona wurde alles knapp, besonders der Tabak. Tee war eine Gottesgabe, obwohl wir nie Milch und selten etwas Zucker hatten. Aus England wurden ständig Pakete an die Männer in der Truppe geschickt, aber sie kamen nie an. Nahrungsmittel, Kleidung, Zigaretten - alles wurde entweder von der Post nicht angenommen oder in Frankreich beschlagnahmt. Seltsamerweise gelang es als einziger Firma den Armee- und Marineläden, meiner Frau ein Paket mit Tee zu schicken, in einem denkwürdigen Fall sogar eine Büchse mit Keks. Die arme alte Armee und Marine! Sie taten nobel ihre Pflicht, aber vielleicht hätten sie sich besser gefühlt, wenn ihre Sachen auf Francos Seite der Barrikaden gegangen wären. Das schlimmste von allem war der Mangel an Tabak. Zu Beginn des Krieges hatte man uns täglich ein Päckchen Zigaretten gegeben, dann wurde die Ration auf acht Zigaretten am Tag vermindert, dann auf fünf. Schließlich gab es zehn mörderische Tage, an denen überhaupt kein Tabak ausgegeben wurde. Zum ersten Mal sah ich in Spanien, was man jeden Tag in London sieht, wie nämlich Leute Kippen aufsammeln.
Gegen Ende März hatte ich eine Blutvergiftung an der Hand, die geschient und in eine Schlinge gelegt werden musste. Ich musste zum Hospital gehen, aber es lohnte sich nicht, mich wegen solch einer kleinen Verletzung nach Sietamo zu schicken, und so blieb ich im so genannten Hospital von Monflorite, das nur eine Behandlungsstation für Verwundete war. Ich blieb dort etwa zehn Tage, einen Teil der Zeit verbrachte ich im Bett. Die practicantes (Krankenhelfer) stahlen praktisch jeden Wertgegenstand, den ich besaß, einschließlich meiner Kamera und aller meiner Fotografien. Jeder stahl an der Front, das war eine unvermeidbare Folge des Mangels, aber die Leute im Hospital waren immer die schlimmsten. Im Hospital in Barcelona erzählte mir später ein Amerikaner, der gekommen war, um sich der Internationalen Brigade anzuschließen, dass sein Schiff von einem italienischen Unterseeboot torpediert wurde. Als man ihn verwundet an die Küste brachte und in einen Krankenwagen hob, stahlen die Krankenträger sogar seine Armbanduhr.
Während mein Arm in einer Binde lag, verbrachte ich einige glückliche Tage damit, durch die Landschaft zu spazieren. Monflorite war das übliche Gewirr von Lehm- und Steinhütten mit engen, gewundenen Gassen, die von Lastwagen aufgewühlt worden waren, bis sie wie Mondkrater aussahen. Die Kirche war ziemlich zerstört worden, aber sie wurde jetzt als Militärlager benutzt. In der ganzen Nachbarschaft gab es nur zwei größere Bauernhäuser, Torre Lorenzo und Torre Fabian, und nur zwei wirklich große Gebäude, vermutlich die Häuser der Landbesitzer, die einst über diese Landschaft geherrscht hatten. Ihr Wohlstand spiegelte sich in den erbärmlichen Hütten der Bauern. Direkt hinter dem Fluss, ganz in der Nähe der Frontlinie, stand eine riesige Getreidemühle mit einem dazugehörigen Landhaus. Es war eine Schande zu sehen, wie die riesige, teure Maschine nun ungenutzt verrostete, die hölzernen Mehlrutschen abgerissen und als Brennholz verwandt wurden. Später schickte man einige Trupps auf Lastwagen, um das Anwesen systematisch abzureißen und Brennholz für die weiter zurückliegenden Truppen zu gewinnen. Sie zerschmetterten die Bodenbohlen eines Raumes, indem sie eine Handgranate hineinwarfen. La Granja, unser Lager und unsere Küche, war möglicherweise früher einmal ein Konvent gewesen. Es gab dort riesige Höfe und Nebengebäude, die eine Fläche von viertausend Quadratmetern bedeckten, außerdem Ställe für dreißig oder vierzig Pferde. Die Landhäuser in diesem Teil Spaniens sind vom architektonischen Standpunkt gesehen nicht interessant. Aber ihre Farmgebäude aus gekälktem Stein mit runden Bögen und großartigen Dachbalken sind prächtige Anwesen, die nach einem Plan gebaut werden, der wahrscheinlich über Jahrhunderte hinweg nicht geändert wurde. Manchmal überkam mich eine gewisse schleichende Sympathie für die ehemaligen faschistischen Besitzer, wenn ich sah, wie die Miliz die eroberten Gebäude behandelte. In La Granja war jeder unbenutzte Raum in eine Latrine verwandelt worden - ein scheußliches Schlachtfeld zerschlagener Möbel und Exkremente. In der kleinen Kirche daneben waren die Wände von Granatlöchern durchbohrt und der Boden fußhoch unter Mist begraben. Im großen Hof, wo die Köche ihre Rationen austeilten, war das Durcheinander von rostigen Büchsen, Schlamm, Maultiermist und faulenden Lebensmitteln ekelhaft. Es unterstrich das alte Armeelied:
Wir haben Ratten, Ratten in Kammern und Kasematten, Ratten so groß wie Katzen!
Die Ratten in La Granja waren wirklich so groß wie Katzen oder doch fast so groß; enorme, aufgedunsene Kreaturen, die über die Unrathaufen watschelten und so schamlos waren, dass sie nicht einmal wegliefen, es sei denn, man schoss auf sie.
Endlich war der Frühling da. Das Blau des Himmels war weicher, die Luft wurde plötzlich linde. Die Frösche paarten sich lärmend in den Wassergräben. Rund um die Trinkstellen der Maultiere des Dorfes fand ich ausgezeichnete kleine Frösche von der Größe eines Pennys, die so glänzten, dass das frische Gras neben ihnen blass wirkte. Die Bauernburschen gingen mit Eimern hinaus, um Schnecken zu jagen, die sie auf Blechen lebendig rösteten. Sobald das Wetter besser wurde, kamen die Bauern zum Frühjahrspflügen hinaus. Es ist typisch für die vollständige Ungewissheit, in die die ganze spanische Agrarrevolution gehüllt ist, dass ich niemals genau erfahren konnte, ob das Land hier kollektiviert wurde oder ob es die Bauern einfach unter sich verteilt hatten. Ich vermute, dass es theoretisch kollektiviert worden war, da diese Gegend von der P.O.U.M. und den Anarchisten beherrscht wurde. Jedenfalls waren die Landbesitzer nicht mehr da, wurden die Felder bebaut und schienen die Leute zufrieden zu sein. Ich hörte nie auf, mich über die Freundlichkeit der Bauern uns gegenüber zu wundern. Einigen der älteren unter ihnen muss der Krieg sinnlos erschienen sein, denn offensichtlich brachte er nur Mangel an allem und ein trübes, langweiliges Leben für jeden. Selbst in den besten Zeiten hassen die Bauern, wenn Truppen bei ihnen einquartiert werden. Aber sie waren unterschiedslos freundlich. Ich vermute, die Erklärung dafür war, dass wir, so unerträglich wir in mancher Hinsicht auch sein mochten, doch zwischen ihnen und ihren ehemaligen Landbesitzern standen. Ein Bürgerkrieg ist eine eigenartige Sache: Huesca war keine acht Kilometer weit weg; es war der Markt für diese Leute, sie alle hatten dort Verwandte, jede Woche ihres Lebens waren sie dorthin gegangen, um ihr Geflügel und ihre Gemüse zu verkaufen; nun aber lag seit acht Monaten eine unüberwindbare Barriere aus Stacheldraht und Maschinengewehren dazwischen. Manchmal vergaßen sie das. So sprach ich einmal zu einer alten Frau, die eine dieser winzigen eisernen Lampen trug, in denen die Spanier Olivenöl brennen. »Wo kann ich solch eine Lampe kaufen?« sagte ich. »In Huesca«, sagte sie, ohne nachzudenken, und dann lachten wir beide. Die Dorfmädchen waren prächtige, lebhafte Geschöpfe mit kohlschwarzem Haar, schwingendem Gang und aufrichtigem, direktem Benehmen, wahrscheinlich ein Nebenprodukt der Revolution.
Männer in zerlumpten blauen Hemden, schwarzen Kordhosen und breitrandigen Strohhüten pflügten die Felder mit Gespannen von Maultieren, deren Ohren rhythmisch hin und her schwangen. Ihre Pflüge waren elende Dinger, die den Boden aufwühlten, aber keine richtige Furche zogen. Sämtliche landwirtschaftlichen Maschinen waren bedauernswert veraltet, bedingt durch den hohen Preis aller aus Eisen hergestellten Gegenstände. So wurde beispielsweise eine zerbrochene Pflugschar zusammengestückelt und erneut zusammengestückelt, bis sie manchmal nur noch aus Stücken bestand. Rechen und Mistgabeln wurden aus Holz gemacht. Spaten waren diesen Leuten, die selten ein Paar Stiefel besaßen, unbekannt. Sie gruben ihre Felder mit einer schwerfälligen Hacke um, wie sie in Indien benutzt wird. Sie hatten eine Egge, die an das späte Steinzeitalter erinnerte. Sie bestand aus zusammengefügten Brettern und hatte ungefähr die Größe eines Küchentisches. In die Bretter waren Hunderte von Löchern gebrannt und in jedes Loch ein Stück Feuerstein geklemmt worden, der genauso wie von den Menschen vor zehntausend Jahren zurechtgeschlagen worden war. Ich erinnere mich, wie ich fast vor Schrecken erstarrte, als ich zum ersten Mal in einer zerschlagenen Hütte im Niemandsland ein derartiges Instrument fand. Ich musste eine Weile überlegen, ehe ich begriff, dass es eine Egge war. Es wurde mir übel, wenn ich an die Arbeit dachte, die in der Herstellung eines solchen Apparates steckte, und wenn ich mir die Armut vorstellte, die Feuerstein statt Stahl benutzen musste. Seitdem betrachte ich die Industrialisierung mit immer größerem Wohlwollen. Aber in diesem Dorf gab es auch zwei moderne landwirtschaftliche Traktoren, die zweifellos auf einem Gut eines großen Landbesitzers erbeutet worden waren.
Ein- oder zweimal wanderte ich zu dem kleinen, von Mauern eingefassten Kirchhof hinaus, der etwa zwei Kilometer außerhalb des Dorfes lag. Die an der Front Gefallenen wurden normalerweise nach Sietamo gebracht. Hier lagen die Toten des Dorfes. Er unterschied sich auf merkwürdige Weise von einem englischen Friedhof. Hier gab es keine Achtung vor den Toten. Alles war mit Büschen und hohem Gras überwachsen, überall lagen menschliche Knochen umher. Das Überraschende aber war, dass religiöse Inschriften auf den Grabsteinen fast vollständig fehlten, obwohl sie alle aus der Zeit vor der Revolution stammten. Ich glaube, ich sah nur einmal ein »Bete für die Seele des Soundso«, wie es auf katholischen Gräbern üblich ist. Die meisten Inschriften waren recht weltlich mit komischen Gedichten auf die Tugenden der Verstorbenen. Auf vielleicht einem unter vier oder fünf Gräbern stand ein kleines Kreuz oder eine formhafte Ehrerbietung für den Himmel, die dann von einem fleißigen Atheisten mit einem Meißel weggeschlagen worden war.
Es fiel mir auf, dass die Einwohner dieser Gegend Spaniens wirklich ohne religiöse Gefühle sein mussten - ich meine, religiöses Gefühl im strenggläubigen Sinne. Es ist merkwürdig, dass ich während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes in Spanien niemals einen Menschen sah, der sich bekreuzigte, obwohl man doch annehmen sollte, dass eine derartige Bewegung, ob mit oder ohne Revolution, zur Gewohnheit wird. Sicherlich wird die spanische Kirche zurückkommen - nach dem Sprichwort: Die Nacht und die Jesuiten kommen immer wieder -, aber es besteht kein Zweifel daran, dass sie beim Ausbruch der Revolution zusammenbrach und in einem solchen Ausmaß zerschlagen wurde, wie es unter ähnlichen Umständen selbst für die todgeweihte Kirche von England undenkbar wäre. Für die spanischen Menschen, jedenfalls in Katalonien und Aragonien, war die Kirche schlicht und einfach Schwindel. Möglicherweise wurde der christliche Glaube in gewissem Umfange vom Anarchismus verdrängt, dessen Einfluss sehr weit reicht und der ohne Zweifel eine religiöse Färbung hat.
Am Tag meiner Rückkehr aus dem Hospital wurde unsere Linie zu der Stellung vorverlegt, die sie eigentlich haben sollte, etwa tausend Meter weiter vorne an einem kleinen Fluss, der etwa zweihundert Meter vor den faschistischen Linien vorbeifloß. Diese Operation hätte einige Monate früher durchgeführt werden sollen. Es wurde erst jetzt getan, weil die Anarchisten an der Straße nach Jaca angriffen. Dadurch, dass wir jetzt auf dieser Seite vorgingen, mussten die Faschisten Truppen abzweigen, um uns hier entgegenzutreten.
Sechzig oder siebzig Stunden lang schliefen wir nicht, und meine Erinnerung verliert sich im Nebelhaften oder vielmehr einer Reihe von Bildern. Horchdienst im Niemandsland, hundert Meter vor der Casa Francesca, einem befestigten Bauernhaus, das ein Stück der faschistischen Front war. Sieben Stunden lang in einem schrecklichen Sumpf liegen, in einem nach Schilf stinkenden Wasser, in dem der Körper allmählich tiefer und tiefer einsank: der Geruch der Schilfhalme, die lähmende Kälte, die unbeweglichen Sterne an einem schwarzen Himmel, das heisere Quaken der Frösche. Obwohl es schon April war, hatten wir die kälteste Nacht, an die ich mich in Spanien erinnern kann. Wenige hundert Meter hinter uns waren Bautrupps eifrig bei der Arbeit, aber hier vorne herrschte vollständiges Schweigen, außer dem Chor der Frösche. Während der ganzen Nacht hörte ich nur einmal das bekannte Geräusch, das entsteht, wenn ein Sandsack mit einem Spaten flachgeklopft wird. Es ist eigenartig, wie die Spanier dann und wann eine brillante Organisationstat durchführen können. Die ganze Vorverlegung war wundervoll geplant. In sieben Stunden bauten sechshundert Mann zwölfhundert Meter Schützengräben und Brustwehren in einer Entfernung von hundertfünfzig bis dreihundert Meter von der faschistischen Linie. Alles geschah so leise, dass die Faschisten nichts hörten, und während der ganzen Nacht gab es nur einen Verlust. Natürlich gab es am nächsten Tag mehr. Für jeden Mann war eine bestimmte Arbeit vorgesehen, selbst für die Köche, die plötzlich, als wir fertig waren, ankamen und mit Schnaps versetzten Wein in Eimern brachten.
Dann kam die Morgendämmerung, und die Faschisten entdeckten plötzlich, dass wir dort waren. Der viereckige weiße Block der Casa Francesca schien sich wie ein Turm über uns zu erheben, obwohl er zweihundert Meter weit weg war. Die Maschinengewehre in den von Sandsäcken geschützten oberen Fenstern schienen direkt auf uns in die Schützengräben hinabzuzeigen. Wir standen und schauten mit offenem Mund hin und wunderten uns, warum die Faschisten uns nicht sahen. Dann kam ein böser Kugelregen, und jeder warf sich auf die Knie und grub fieberhaft, um den Schützengraben tiefer zu machen und schmale Unterstände in die Seitenwände zu treiben. Mein Arm lag immer noch in Bandagen, so konnte ich nicht graben und verbrachte den größten Teil des Tages damit, eine Detektivgeschichte zu lesen - ihr Titel hieß: Der verlorengegangene Geldleiber. Ich kann mich an die Geschichte nicht mehr erinnern, aber ich kann mich sehr genau daran erinnern, was ich fühlte, als ich da saß und las: den feuchten Lehm auf dem Boden des Schützengrabens unter mir; das ständige Verschieben meiner Beine, um sie aus dem Wege zu nehmen, wenn ein Mann vorbeikam, der den Schützengraben entlangeilte, und das Krack, Krack, Krack der Kugeln einen halben Meter über meinem Kopf. Thomas Parker erhielt einen Durchschuss am Ende seines Oberschenkels, und er meinte, das bringe ihn näher an ein Kriegsverdienstkreuz, als ihm lieb sei. Am gesamten Abschnitt hatten wir Verluste, aber nichts im Vergleich zu dem, was uns erwartet hätte, wenn sie uns in der Nacht beim Umbau der Stellung erwischt hätten. Ein Deserteur erzählte uns später, fünf faschistische Wachtposten seien für ihre Unachtsamkeit erschossen worden. Selbst jetzt hätten sie uns massakrieren können, wenn sie sich nur entschlossen hätten, ein paar Mörser herbeizubringen. Es war eine mühselige Arbeit, die Verwundeten durch den schmalen, überfüllten Schützengraben wegzutragen. Ich sah, wie ein armer Teufel, seine Hose dunkel vom Blut, von der Tragbahre hinabgeworfen wurde und in Agonie keuchte. Man musste die Verwundeten über eine lange Entfernung hinweg tragen, etwa zwei Kilometer weit, denn selbst wo es eine Straße gab, kamen die Ambulanzwagen nie nahe an die Front heran. Wenn sie zu nah kamen, nahmen die Faschisten sie unter Artilleriebeschuss - das ist entschuldbar, denn in einem modernen Krieg hat niemand Skrupel, die Ambulanzwagen zum Transport von Munition zu benutzen.
Dann die nächste Nacht; wir warteten bei Torre Fabian auf einen Angriff, der im letzten Moment durch Funkbefehl abgeblasen wurde. Wir warteten in einer Scheune, deren Boden aus einer dünnen Schicht Häcksel bestand, das über einer tiefen Schicht Knochen lag, einer Mischung von Menschen- und Rinderknochen. Der Raum wimmelte von Ratten. Die schmutzigen Kreaturen schwärmten an allen Ecken und Enden aus dem Boden. Wenn ich etwas ganz besonders hasse, so ist es eine Ratte, die in der Dunkelheit über mich läuft. Aber ich hatte immerhin die Befriedigung, dass ich einer von ihnen einen guten Schlag gab, der sie weit wegschleuderte.
Dann das Warten fünfzig oder sechzig Meter vor der faschistischen Brustwehr auf den Befehl zum Angriff. Eine lange Kette von Männern, die sich in einen Bewässerungsgraben gehockt hatte, während ihre Bajonette über das Ende des Grabens hinausschauten und das Weiße ihrer Augen durch die Dunkelheit leuchtete. Kopp und Benjamin hatten sich hinter uns hingeduckt, zusammen mit einem Mann, der einen Funkempfänger auf seinen Schultern trug. Am westlichen Horizont der rötliche Schein von Mündungsfeuer, nach einigen Sekunden gefolgt von riesigen Explosionen. Dann hörten wir ein Piep, Piep, Piep vom Funkgerät und den geflüsterten Befehl, wir sollten uns zurückziehen, solange es noch ging. Wir folgten dem Befehl, aber nicht schnell genug. Zwölf armselige Kinder der J.C.I. (der Jugendliga der P.O.U.M., das Gegenstück der J.S.U. der P.S.U.C.), die nur vierzig Meter von der faschistischen Brustwehr entfernt lagen, wurden vom Morgengrauen überrascht und konnten nicht mehr fliehen. Sie mussten den ganzen Tag über dort liegen bleiben und hatten nur Grasbüschel als Deckung, die Faschisten aber schossen jedes Mal auf sie, wenn sie sich nur bewegten. Als die Nacht hereinbrach, waren sieben von ihnen tot, den anderen fünf gelang es dann, in der Dunkelheit wegzukriechen.
Dann, an vielen aufeinander folgenden Morgen, der Lärm der anarchistischen Angriffe auf der anderen Seite von Huesca. Immer der gleiche Lärm. Plötzlich, in den frühen Morgenstunden, das einleitende Krachen verschiedener Serien von Granaten, die gleichzeitig explodierten - selbst aus vielen Kilometern Entfernung ein teuflischer, alles erfüllender Krach. Dann der ununterbrochene Lärm von massiertem Gewehr- und Maschinengewehrfeuer, ein schwerer rollender Ton, der eigenartigerweise dem Rollen von Trommeln ähnelt. Allmählich breitete sich das Schießen in allen Schützengräben aus, die Huesca einschlossen. Wir stolperten in den Graben und lehnten schläfrig an der Brustwehr, während eine unregelmäßige, sinnlose Kanonade über unsere Köpfe hinwegfegte.
Tagsüber donnerten die Kanonen unregelmäßig. Torre Fabian, das jetzt als unsere Küche diente, wurde beschossen und teilweise zerstört. Es ist merkwürdig, dass man sich immer wünscht, wenn man Artilleriefeuer aus einer sicheren Entfernung beobachtet, der Kanonier möge sein Ziel treffen, selbst wenn in diesem Ziel das eigene Mittagessen und einige der eigenen Kameraden sind. An jenem Morgen schossen die Faschisten gut - vielleicht besorgten deutsche Kanoniere das Geschäft. Sie gabelten Torre Fabian sorgfältig ein. Eine Granate darüber hinaus, eine Granate kurz davor und dann zisch-bumm! Berstende Dachsparren flogen nach oben, und ein Stück Uralit flatterte aus der Luft herab wie ein emporgeschnelltes Paket Spielkarten. Die nächste Granate schlug die Ecke eines Gebäudes so sauber weg, wie es ein Riese mit einem Messer tun könnte. Aber die Köche lieferten das Dinner pünktlich ab - ein denkwürdiges Kunststück.
Im Verlauf der nächsten Tage nahm jede der unsichtbaren, aber hörbaren Kanonen eine ausgeprägte Persönlichkeit an. Wir hatten zwei Batterien russischer Fünfundsiebzig-Millimeter-Kanonen, die dicht hinter uns abgefeuert wurden und die in meiner Vorstellung das Bild eines fetten Mannes hervorriefen, der auf einen Golfball schlägt. Es waren die ersten russischen Kanonen, die ich damals gesehen oder, besser, gehört habe. Die Geschosse hatten eine niedrige Flugbahn und eine sehr hohe Geschwindigkeit, so dass man fast gleichzeitig die Explosion der Kartusche, das Zischen und das Bersten der Granate hörte. Hinter Monflorite standen zwei sehr schwere Kanonen, die ein paar Mal am Tag mit einem tiefen, gedämpften Donner schossen, der sich wie das Gebell eines weitentfernten, angeketteten Ungeheuers anhörte. Oben auf Monte Aragon, der mittelalterlichen Festung, die von den Regierungstruppen im vergangenen Jahr erstürmt worden war (zum ersten Mal in der Geschichte, wie man sagte) und einen der Zugänge nach Huesca bewachte, stand eine schwere Kanone, die aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts stammen musste. Ihre großen Granaten pfiffen so langsam über uns hinweg, dass man das Gefühl hatte, man könnte mit ihnen laufen und Schritt halten. Eine Granate aus dieser Kanone klang ungefähr so wie ein Mann, der auf einem Fahrrad vorbeifährt und pfeift. Die Grabenmörser machten den teuflischsten Lärm von allen, obwohl sie klein waren. Ihre Granaten sind eigentlich eine Art Torpedo mit Flügeln, sie sehen aus wie die Wurfpfeile, mit denen man in englischen Kneipen spielt, und sie haben ungefähr die Größe einer Literflasche. Sie gehen mit einem teuflischen metallischen Krachen los, so wie wenn eine riesige Kugel aus sprödem Stahl auf einem Amboss zerschmettert wird. Manchmal flogen unsere Flugzeuge hinüber und warfen Lufttorpedos ab, deren enormer Donner ein Echo hervorrief und die Erde selbst auf eine Entfernung von über drei Kilometer zum Zittern brachte. Die explodierenden Granaten aus den faschistischen Flugabwehrkanonen betupften den Himmel mit Wölkchen wie aus schlechter Wasserfarbe, aber ich sah niemals, dass sie näher als tausend Meter an ein Flugzeug herankamen. Wenn ein Flugzeug hinabstößt und aus seinem Maschinengewehr feuert, hört sich der Lärm von unten wie das Flattern von Flügeln an. An unserem Frontabschnitt ereignete sich nicht viel. Zweihundert Meter zur Rechten von uns, wo die Faschisten auf höherem Boden lagen, erwischten ihre Scharfschützen einige unserer Kameraden. Zweihundert Meter zur Linken, an der Brücke über den Fluss, spielte sich eine Art Duell ab zwischen den faschistischen Mörsern und den Männern, die eine Betonbarrikade jenseits der Brücke bauten. Die bösen kleinen Granaten zischten herüber, zwing-krach! zwingkrach!, und machten einen doppelt teuflischen Lärm, wenn sie auf der Asphaltstraße landeten. Hundert Meter weiter konnte man in vollständiger Sicherheit stehen und die Säulen aus Erde und Rauch beobachten, die wie Zauberbäume in die Luft sprangen. Die armen Teufel an der Brücke verbrachten ein gut Teil des Tages damit, sich in die kleinen Schützenlöcher zu ducken, die sie an der Seite des Grabens ausgehöhlt hatten. Aber es gab weniger Verluste, als man hätte erwarten können, und die Barrikade wuchs gleichmäßig empor: eine sechzig Zentimeter dicke Mauer aus Beton mit Schießscharten für zwei Maschinengewehre und ein kleines Feldgeschütz. Der Beton wurde mit alten Bettgestellen verstärkt, es war anscheinend das einzige Eisen, das man für diesen Zweck auftreiben konnte.

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