DIE BARRIKADE
Jede Straße, die aus der Vorstadt nach dem Zentrum abbog, hatte ihre Barrikade. Sie waren am Abend von den Bewohnern aus der Erde gestampft worden und sollten die Vorstadt vor dem Anmarsch des Militärs schützen. Nur die Bewohner vom Winkel hatten noch keine gebaut. Heute Morgen begannen sie.
Der Mond hing schräg über der Gasse, als sie die ersten Steine aushoben, Bretter herbeischleppten und Pfähle einrammten.
Sie bauten alle mit. Da war zuerst der alte Brand, ein Schachthauer von der nahen Zeche. Er war dick und gedunsen vom fallenden Wasser, aber er hatte starke Arme und ein unförmiges Genick.
Neben ihm half der kleine Schneider, der bei ihm zur Miete wohnte. Ein hageres Kerlchen, mit abstehenden Ohren und aufgeschwemmten, roten Augenlidern. Sie nannten ihn das Karnickelchen.
Hinter ihnen schleppte sich der schmächtige Rohrleger Bennemann mit einem Balken. Er stemmte ihn quer zwischen zwei eingerammte Pfähle, damit die Barrikade auch Halt bekam.
Dem krummen Bernhard, einem alten Flickschuster, der unter dem Rohrleger im Kellergeschoss wohnte, half sogar seine Frau. Sie zogen Bretter aus ihrem Kellerfenster und stapelten sie auf.
Vom Nachbarhause kam später noch Vater Klemptner mit seinem Jungen, einem schmalen, hochaufgeschossenen Burschen mit gelben Strohhaaren. Das polnische Ehepaar, das über ihnen wohnte, fand sich auch ein.
Sogar die Mutter Menke schleppte ihren gebrechlichen Körper aus dem Dachgeschoss herunter, lief zwischen den Männern hin und her. Schob und hob mit und murmelte dabei vor sich hin.
Sie waren alle nicht hastig bei dieser Arbeit. Schleppten, gruben, zimmerten, bauten, als verrichteten sie ihr Tagewerk. Langsam wurde die Barrikade höher.
"Ist es denn notwendig, dass wir eine Barrikade haben?" fragte die alte Brand, die aus dem Fenster sah.
"Ja, Mutter", antwortete ihr Mann. "Die Soldaten kommen." "Was wollen sie denn?" fragte die Alte schneller. "Auf uns schießen", gab der Mann zurück. "Warum?"
"Weil wir den Direktor fortgejagt haben." "Den alten Bollert?" zischte sie.
"Ja, Mutter. Und weil wir nun sagen, die Zechen gehören uns." "Warum tun das die Soldaten?" fragte die Alte hartnäckig weiter. "Der lange Bollert hat sie bezahlt."
"Das hat er", bestätigte die Mutter Menke. "Er bringt überhaupt alles Unglück über uns!" rief sie lauter. "Das Elend, die Not, den Hunger. Er ist wie der Böse."
Der krumme Bernhard lachte. Auch der alte Brand.
"Lacht nicht!" herrschte sie die Mutter Menke an und erhob ihre Hände. "Kommt das von Gott? Oben in seinem Hause haben sie gefressen und gesoffen und die schlechten Weibsbilder sind ein und aus gefahren. Hier gab es aber nicht das Brot zum Essen. Das ist unmenschlich. Das kommt vom Bösen."
"Ihr helft also mit, Mutter Menken, dass man eine Barrikade baut?" fragte die alte Brand.
"Ja", sie sah die alte Brand groß an, "Gott sagt, du sollst dich wehren gegen deine Feinde."
Gegen neun war die Barrikade schon bald einen Meter hoch, keilte sich rechts und links in den Haustüren, lag in der Mitte etwas zurück und schien fest zu sein.
Ein Nachbar von der nächsten Straße fand sie sogar gut. "Sie ist nur nicht hoch genug", wendete er ein. "Sie muss noch höher werden."
"Wir haben nichts mehr zum Bauen", knurrte der alte Klemptner.
Die Barrikade musste aber trotzdem höher werden. Alle sahen das ein. Sie versuchten erst, den Boden auszuhöhlen. Er war aber zu fest. Dann rissen sie die kleinen Gartenzäune ab, die hinter ihren Häusern standen. Aber das machte den Wall auch nicht viel höher.
"Geht zu mir", sagte die Mutter Menke, die sich auf die
hochgeschichteten Steine gesetzt hatte. Ich habe einen alten Schrank in der Kammer. Ich kann ihn doch nicht mitnehmen, wenn ich sterbe."
"Wir haben eine große Kommode!" rief die Frau es alten Klemptner aus dem Fenster. "Ich räume sie aus!"
"Und was gibst du?" fragte der alte Brand seine Frau.
"Ja, was?" murmelte die Frau und dachte nach. "Vielleicht das Kinderbett", sagte sie laut. "Kinder werden wir wohl keine mehr haben." Sie lachte.
Der krumme Bernhard brachte sogar zwei Matratzen. "Wenn wir gewinnen, gibt es neue", krähte er und schlug sich in die Hände.
"Sie sollten für die Gesellen sein", sagte seine Frau und machte ein weinerliches Gesicht. "Wann werden wir aber einmal Gesellen haben? Es reicht ja nie für uns."
Die Polnischen konnten wenig geben. Die Frau brachte ein paar alte Stühle. "Dass sie nur nicht zerschossen werden, "heulte sie. "Sie sind auf Abzahlung." Auch der Rohrleger brachte noch ein paar Stühle aus dem Haus, und beim alten Brand schoben sie zu dritt die große Hobelbank aus dem Keller.
Die Barrikade wurde höher.
"Sie wird nur nicht dicht", jammerte die kleine Frau des Rohrlegers. "Sie soll doch die Männer schützen."
"Das muss sie auch", mischte sich die alte Brand hinein, und sie trug alte Teppichfetzen heraus und legte sie über die Balken.
Die anderen Frauen halfen mit dicken Pappen und Sacken nach. Sie schleppten auch Winterkleider und zerrissene Decken von Böden und Kellern. Alle Löcher wurden sorgfältig verstopft und zugesteckt.
Auch die Kinder halfen. Sie warfen Sand auf. Brachen Äste und steckten sie zwischen das Gerümpel. Andere schleppten Spielzeug die Treppen herunter. Die kleine Tochter des Polen brachte sogar ihre Puppe.
"Sie soll Vati helfen, " sagte sie.
Gegen Mittag schien die Barrikade allen hoch genug. Aus der Nachbarstraße kamen sie wieder herüber, um sie anzusehen.
"Wer ist denn hier ausgezogen?" fragte ein langer Maurer und machte ein spöttisches Gesicht.
"Die Proleten", antwortete ein dicker Bergmann. "Sie ziehen in das gelobte Land."
Alle lachten.
"Ja, oder in den Himmel", zischte die Mutter Menke, schlug ein Kreuz und sah die Lachenden mit ihren kleinen, stechenden Augen lange an.
Es kamen auch gleich ein paar Genossen aus der Stadt, die helfen sollten. Es waren Schlosser aus dem Eisenwerk. Große, kräftige Kerle. Etwas zu fein für den Winkel.
Sie lachten, als sie die Barrikade sahen. "Netter Haufen", neckte einer. "Den stürmen sie nicht. Er sieht ihnen zu gefährlich aus."
Sie waren aber sonst freundlich. Gaben dem alten Brand ein Gewehr. Auch dem Klemptner und dem Polen. Der Rohrleger behielt seine alte Pistole. Er wollte die großen Gewehre nicht.
Bis zum Nachmittag half man noch hier und da nach. Stützte, befestigte. Machte Gucklöcher zum Schießen. Gegen drei hieß es, die Soldaten kommen.
Man hatte sich kaum verteilt, da wurde schon scharf geschossen. Die Kugeln pfiffen gegen die Nachbarstraßen. Ihre Barrikade schien man gar nicht zu beachten.
Erst als sie gegen die stürmenden Soldaten schossen, erwiderte man ihr Feuer. Ein Maschinengewehr hämmerte tickend gegen ihren Haufen und das Holz splitterte krachend auseinander.
Der erste, der getroffen wurde, war einer von den Schlossern. Eine Kugel hatte ihm die Hand zerschlagen.
"Verdammtes Brettergerüst!" schrie er. "Ich habe ja gleich gedacht, dass es nicht aushält."
Er wurde aber ruhiger, als ihm die Mutter Menke einen weißen Lappen um die Hand band. Der alte Brand gab ihm noch einen Schnaps und führte ihn dann ins Haus.
Die anderen schossen weiter. Der schmächtige Pole schrie
jedesmal auf, wenn er abschoss. Nicht aus Freude. Er war ängstlich und hatte noch nie geschossen.
Jetzt kamen auch die ersten Soldaten auf ihre Barrikade zugelaufen. Sie sahen zum Fürchten aus. Sie trugen verdeckende Stahlhelme, und waren umhängt mit Handgranaten. Einer rannte laut rufend vor ihnen her.
Die Frauen, die aus den Fenstern sahen, schrien auf, als sie die Soldaten sahen. Die Männer ließen sich aber nicht beirren. Sie schossen ununterbrochen.
Das hatten die Stürmenden nicht erwartet. Einige fielen. Die anderen warfen sich nieder und versuchten sich zu verdecken. Über sie tickte gleich wieder das Maschinengewehr wie rasend.
Es musste näher sein. Das Holz flog plötzlich in dickeren Stücken auseinander. Es wurden breite Löcher hineingerissen. Einer von den Schlossern wurde auch wieder getroffen.
Er legte sich auf einmal um. Rollte von den Brettern herunter, auf denen er lag und stöhnte auf. Eine Kugel war ihm durch den ganzen Körper gegangen.
"Nun haben sie mich", knurrte er noch durch die Zähne, "und wie."
Die Mutter Menke wollte ihn ins Haus tragen, aber er war zu schwer. Sie wurde auch zu dem krummen Bernhard gerufen, dem eine Kugel durch den Hals gefahren war, und der laut schrie.
Sie nahm ihn bei den Beinen, und seine Frau, die herausgestürzt kam, fasste ihn am Kopf. Sie schleppten ihn ins Haus, denn er schrie immer lauter.
Die anderen duckten sich tiefer. Sie zielten nur noch durch kleine Löcher und versuchten auch dorthin zu schießen, wo das Maschinengewehr stand.
Da hörten sie aus der Nachbarstraße Rufe. Sie klangen nicht ermutigend. Es mussten Frauen sein, die schrien. Hinein tönten Kommandos. Ein Hurra von Soldaten.
War drüben die Barrikade gestürmt worden? Dem alten Brand
wurde es kalt. Er konnte aber nicht nachdenken, zielte und schoss und lugte weiter nach vorn.
Die Soldaten vor ihnen mussten das Rufen auch gehört haben. Sie sprangen hoch. Sie kamen aber nicht näher. Sie liefen sogar zurück.
"Wir sollen umgangen werden", brummte einer der Schlosser.
"Ja, sie werden gleich von hinten kommen", knurrte ein anderer.
"Ist es da nicht besser, zurückzugehen?" fragte der Dritte.
"Vielleicht durch die Gärten", zischte der erste wieder.
"He! Und wir!" schrie der Klemptner auf. "Sollen wir allein hocken bleiben?"
"Ihr wohnt doch hier?" fragte einer der Schlosser.
"In den Häusern", antwortete der Klemptner und wies auf den Winkel.
"Da ist es das beste, ihr werft die Flinten fort und geht hinein!" rief er ihm zu.
"Ihr wollt uns also im Stich lassen!" schrie der alte Brand zornig und sprang auf.
"Nein", sagte der Älteste der Schlosser, "nur nicht wie Vieh totgeschlagen werden. Sie schlagen ja jeden nieder, den sie mit der Flinte treffen."
"Sie kommen schon wieder!" schrie da die Mutter Menke dazwischen, und zeigte nach oben.
Wirklich, sie kamen wieder. Es waren noch mehr als vorher, und sie kamen in langen Sätzen angesprungen.
"Sie werden auch gleich von hinten kommen!" rief der ältere Schlosser und ging auf die Gärten zu.
"Ihr geht also?" zischte der alte Klemptner noch einmal.
"Ja", schrie der zurück, "wir laufen nach den Zechen hinauf!"
"Sie gehen", heulte da die alte Brand auf und rang ihre Hände.
"Lass sie nur, Mutter", beruhigte der alte Brand, der schon wieder schoss. "Sie reißen ja nicht aus."
"Ihr solltet aber in die Häuser gehen!" kreischte sie weiter.
"Das solltet ihr!" rief auf die Frau des Klemptner.
Die Männer konnten sich das aber nicht mehr überlegen. Das Maschinengewehr ratterte wieder über sie hin, und schlug bis hinter die Barrikade. Sie mussten tief in ihr Gerümpel hineinkriechen und waren kaum noch zu sehen.
Der dürre Schneider war der erste der von diesem Kugelregen getroffen wurde. Er versuchte trotzdem aufzustehen, fiel aber gleich wieder zurück.
"Das Karnickelchen hat' s", klagte die Polin, die es gesehen hatte.
"Ja, ihn hat's, " flüsterte der alte Brand, der neben ihm lag und rückte ein wenig von ihm ab.
Der Schneider war noch nicht tot. Mühsam quälte er sich Worte aus dem Mund. "Ich habe auch einen getroffen", stammelte er. "Wirklich. Er ist wenigstens gefallen. Das ist er."
Er wollte noch mehr sagen, aber es ging nicht mehr.
Die Soldaten kamen unterdessen bedenklich näher. Es schossen ja nur noch fünf. Zwei von ihnen waren schon ganz nah. Den ersten schoss der alte Brand nieder. Der zweite musste sich niederwerfen, sonst wäre er in den Kugelhagel des Maschinengewehrs gelaufen.
Auch die anderen warfen sich nieder und schossen wieder gegen die Barrikade.
Den nächsten, den sie trafen, war der Pole. Die Kugel fuhr ihm in den Leib. Er sprang auf, als wollte er sich über die Barrikade stürzen, aber er lallte nur ein paar Worte und brach nieder.
Seine Frau, die aus dem Fenster sah, schrie auf, als er zusammenbrach. Dann rannte sie zurück, kam die Treppe herunter und beugte sich über ihn.
Sie konnte nur noch sehen, dass seine Augen den Glanz verloren. Eine Kugel flog ihr quer durch den Mund, und bohrte sich am Hals wieder heraus.
Sie zuckte zusammen, als wäre sie vor etwas erschrocken. Sie hielt sich aber noch auf den Beinen. Erst als eine zweite Kugel in ihre Brust fuhr, sank sie zusammen.
Sie neigte sich langsam nieder. Versuchte noch, ihre Hände
auszubreiten, aber sie plumpste wie ein schwerer Sack auf die Erde.
Auch den Klemptner schien eine Kugel getroffen zu haben. Wo er lag, stöhnte einer auf, und sein Junge stützte sich hoch und zog den schweren Körper aus den Brettern.
Er erhob sich nur zu weit und wurde selber getroffen. Er schrie auf wie ein Tier und sein Körper krümmte sich zusammen, als wäre er in der Mitte auseinander geschossen.
Der schmächtige Bennemann kroch zu ihm hinüber und zog ihn nach dem Haus.
"Er ist tot", schluchzte Mutter Menke und drückte ihm die Augen zu.
Auf den Höhen mussten sie merken, dass nur noch einer schoss. Das Maschinengewehr stellte sein Ticken ein. Die Soldaten schossen auch nicht mehr. Sie erhoben sich.
Den alten Brand beunruhigte das. Was sollte er jetzt tun? Sollte er allein weiter schießen? Das war zwecklos. Es waren zu viele. Er stand auf.
Da kamen schon die ersten Soldaten an. Sie machten lange Sätze, denn sie fürchteten, dass wieder geschossen werden könnte. Einer warf eine Handgranate.
Der Alte dachte aber nicht mehr ans Schießen. Er sah den Soldaten entgegen. Ein wenig verlegen. Ihre Gesichter sprangen ihn so feindlich an.
Der erste, der auf das Geröll trat, schoss mit seiner Pistole nach ihm. Das Geröll gab aber nach und der Schuss ging in die Luft. Der Soldat stürzte sogar nach unten. Er konnte sich nicht halten und fiel dem Alten vor die Füße.
Der ließ sein Gewehr fallen und versuchte, ihn aufzuheben. Er tat das ein wenig linkisch, wie er jedem Menschen half. Es war auch auf einmal nichts Feindliches mehr in seinem Wesen.
Warum auch. Sie wollten ja nur ihre Straßen, die Stadt, die Zechen verteidigen. Nicht gegen die Soldaten. Gegen den alten Bollert. Darum hatten sie auch die Barrikade errichtet. Nun war sie
zerschossen. Nun war wohl auch alles verloren. Gegen die Menschen, die da anstürmten, hatte er nichts.
Er konnte aber nicht zu Ende denken. Ein anderer Soldat schlug ihn mit seinem Kolben über Kopf und Rücken.
Er spürte den Schlag bis in die Füße. Ihm schwindelte. Er richtete sich aber doch wieder auf.
Auch jetzt erhob er seine Hände nicht. Er sah den Schlagenden nur sonderbar an. Beinah ein wenig mitleidig. Er musste sich aber dabei über den schmerzenden Rücken streichen und stöhnte auf.
In der Zeit waren noch mehr Soldaten gekommen. Einer stach nach dem toten Polen. Ein anderer wälzte den Klemptner frei und sah nach, ob er noch atmete. Die Nächsten stürzten sich in die Häuser.
Der alte Brand stand unterdessen etwas abseits und lehnte sich an die Hausmauer.
"Hat der geschossen?" schrie ein Offizier, der mit einer zweiten Gruppe heran kam und den Alten finster anstierte.
"Da steht seine Knarre", sagte der Soldat, der zuerst über die Barrikade gekommen war.
"Dann schlagt ihn doch tot!" rief der Offizier zurück.
"Er ist so ein alter Kerl", knurrte der Soldat und wusste nicht war er tun sollte.
"Das sind die schlimmsten!" kreischte ein anderer und kam näher. "Schlag ihn nur tot!"
Der Soldat konnte aber trotzdem nicht zuschlagen. Er ging sogar einen Schritt zurück und ließ den anderen vor.
Der schrie den Alten an. "Warum hat du geschossen?"
Der alte Brand wusste nicht, was er sagen sollte. "Wir haben alle geschossen", antwortete er dann.
"Hund!" rief der Soldat, "und da musst du mit schießen!"
Das "Hund" ärgerte den Alten. "Wir können schießen", knurrte er trotzig.
"Sie können schießen", höhnte der Soldat und grinste ihn an.
"Sie können schießen!" riefen auch einige andere, die sich um ihn herumgestellt hatten.
"Ha", sagte der Alte noch fester, "wir verteidigen unsere Zechen.
"Eure Zechen!" Die Soldaten lachten laut auf und drängten sich noch dichter um ihn. Einer hob schon seinen Kolben.
Dem Alten wurde ein wenig bänglich. Ihre Gesichter bissen sich wie Krallen in ihn hinein. Er wollte noch irgend etwas sagen. Es fiel ihm aber nichts ein.
"Das ist auch unsere Straße", sagte er nur leise, wie um sich zu entschuldigen.
"Darum sollst du auch darauf verrecken!" schrie der, der den Kolben erhoben hatte und ließ ihn niedersausen.
Der Alte wich aus, und der Kolben zerschmetterte ihm nur die Schulter. Aber die anderen holten auch aus. Einer schlug ihn über das Gesicht. Ein zweiter stach ihn in den Leib. Ein dritter schoss ihn durch den Arm.
Er versuchte sich irgendwo festzuhalten. Er fand nur keine Stütze. Was sagte der Schlosser doch? "Ich will nicht wie Vieh erschlagen werden." Daran dachte er.
Die Schlagenden wurden aber unterbrochen. Es schrie jemand auf. Stürzte sich zwischen die Soldaten. Flog auf ihn zu. Es war seine Frau.
"Ihr dürft ihn nicht erschlagen!" schrie sie. "Ihn nicht!" Und sie drängte sich an seinen fallenden Körper.
Einer fasste sie an den Schultern und riss sie weg. Ein anderer nahm sie bei dem Hals, und wollte sie zur Seite schieben.
Sie drehte sich um und biss nach ihm. Ja, dem einen fuhr sie ins Genick und krallte sich in ihm fest.
Der Soldat, schrie auf. Er drehte sich aber schnell um und nahm sie diesmal fester.
"Alte Hexe!" brüllte er. Schüttelte sie wie einen Lappen und warf sie auf das Pflaster.
Da blieb sie sitzen, als hätte sie den Verstand verloren. Ihre
Augen sahen groß und gelb aus den Höhlen. Sie waren starr auf ihren Mann gerichtet. Der sank unter den Schlägen der Soldaten immer mehr zusammen. |
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