ACHTES KAPITEL
Don Severo und Don Felix kamen, um ihren Bruder zu begraben. Er wurde im selben Cemeterio beerdigt, in den auch alle die Leute, die in diesem Camp starben, in die Erde gelegt wurden. Der Unterschied war in diesem Falle nur, dass der Hügel ein größeres Kreuz erhielt und mit einem kräftigen und dichten Zaun umgeben wurde, damit der Leichnam nicht von den Wildschweinen aufgewühlt werden sollte. Um ihn noch mehr zu schützen, wurden schwere Steine auf den Hügel und rund um den Hügel gelegt.
Als Don Severo zur Oficina kam, war seine erste Frage: »Haben die Muchachos gesehen, was Don Acacio angetan wurde?« »Nein«, antworteten Pecharo, Faldon und das Mädchen, »und niemand von uns hat zu irgendeinem darüber gesprochen.«
Dass Don Acacio tot war, erfuhren die Muchachos durch den Koch und dessen Frau, als sie am Abend zum Camp kamen. Aber der Koch wusste nichts Näheres darüber, und es kam noch in derselben Nacht das Gerücht auf, Don Acacio und seine Mujer hätten einen Streit gehabt, nach einem Revolver gegriffen, der losging und Don Acacio traf, als er versuchte, ihr den Revolver zu entreißen.
Don Severo sagte am Abend zu seinem Bruder, zu dem Mädchen und zu den beiden Capataces: »Ihr haltet eure Mäuler in der Sache. Es kann für uns alle gefährlich werden, wenn die Muchachos etwas darüber erfahren. So etwas steckt an. Und es ist nicht nur möglich, sondern sicher zu erwarten, dass, sollten die Muchachos die Wahrheit hören, einer oder der andere das nachmacht. Ich kann euch auch sagen, dass ich Briefe bekommen habe, die nicht gerade sehr schön für mich zu lesen waren. Die Zeitungen, die ich mit der letzten Post bekam, sahen nichts und sind sehr vorsichtig. Sie können ja nur das sagen, was ihnen vom alten Casiquen da oben zu drucken erlaubt wird. Er kommandiert ja nicht nur das ganze Land, sondern erst recht alle Zeitungen und Bücher. Aber die Briefe geben mir schon eine Menge zu denken. Hier drei Schullehrer verhaftet und in Konzentrationslager nach Veracruz oder Yucatan geschickt; da zwei Professoren in die Kaserne eines Regiments gebracht und nie wieder etwas von ihnen gehört. Dann wieder in einem kleinen Dorfe in Morelos alle Männer von den Rurales gefangen genommen, zwanzig Mann von den Gefangenen abgezählt und an den Bäumen der Plaza mitten im Dorf aufgeknüpft. Hier ein Eisenbahnzug zum Entgleisen gebracht, dort eine Bombe in der Polizeiwache in Puebla losgegangen, in Monterrey ein ganzer Wagen voll Flugschriften, die zum Sturz der, Diktators und zur Revolution auffordern, entdeckt worden, und der Besitzer des Wagens, der vielleicht ganz unschuldig ist, sofort erschossen. Das alles ist in der letzten Post. Ich brauche kein Prophet zu sein, um euch sagen zu können, der Sessel des alten Knackers wackelt. Wenn er umkippt, dann brennt die ganze Republik.«
Don Felix hustete und sagte: »Gut und richtig, Hermano, das ist alles schön, was du uns sagst, aber das meiste davon wussten wir ja schon, als wir das letzte Mal in Tabasco waren und die Monterias hier kauften.«
»Stimmt«, erwiderte Don Severo. »Doch, es fängt an, mehr ernst zu werden, und es sieht so aus, als ob es nun rasch dem großen Tumult zuginge. Darum möchte ich euch allen raten, besonders dir, Felix, und dir, Picaro, und dir, Gusano und Pulpo, dass ihr gerade jetzt ein wenig nachlasst. Nicht so hart die Muchachos angefasst. Es ist etwas in der Luft, was mir nicht gefällt. Dass der Pascasio La Mecha angriff und ihn erschlug, und dass Urbano sich sogar an Don Acacio vergriff, das ist eine ganz verflucht böse Sache. Keiner hätte vor einem halben Jahre auch nur gewagt, einen Finger hochzuheben, und jetzt greifen sie sogar an und erschlagen euch. Ganz ehrlich gesprochen, Jungen, wir sitzen auf einer Dynamittonne. Ein Funken spritzt uns alle hoch. Dann bleibt von keinem von uns auch nur ein Härchen übrig. Es braucht nur in einer Finca da draußen loszugehen, und es brauchen nur ein paar gereifte Burschen hier herzukommen, dann können wir alle noch froh sein, wenn wir Zeit haben, dasselbe zu tun, was uns Cacho gestern vorgemacht hat.«
»Gut, Jefe«, sagte Picaro, »aber was sollen wir denn tun? Weglaufen vielleicht?«
»Natürlich nicht, du Esel. Denkst du denn, wir können hier unser Geld im Stich lassen. Hier liegen einige Tausend Tonnen zum Abschwemmen bereit, und du glaubst doch nicht, dass wir das alles nur aus reiner Liebe getan haben, um faulen Indios Vorschüsse geben zu können.«
»Dann müssen Sie uns eben sagen, was Sie von uns wollen, Don Severo«, sagte Faldon.
»Habe ich ja bereits gesagt. Vorsichtiger vorgehen für die nächsten paar Wochen. Wenn einer keine vier Tonnen schaffen kann, dann begnügt euch mit drei oder zwei. Mögt herumbrüllen aus Leibeskräften, wie gewöhnlich. Aber vorläufig kein Prügeln, kein Aufhenken und Festschnüren. Es kommt wieder die Zeit, wo wir ihnen vier Tonnen aufknacken können. Nach der Schwemmung. Inzwischen reinigt sich die Luft im Lande, und vielleicht wird der kleine Käsehoch Madero abgeknallt. Er kann kaum über einen gewöhnlichen Tisch sehen, solch ein kleiner Knirps ist er.
Vielleicht gerade darum, weil er so klein ist, ist es ihm gelungen, dem alten Knacker ein so heißes Eisen unter den Sessel zu legen, dass der alte Knabe auf seinem Thron herumhopst wie von einer Wespe in den Ursch gestochen.«
»Warum steckt er ihn denn nicht ins Gefängnis?« fragte Don Felix.
»Warum? Was kann der Alte machen, wenn in jedem Winkel einer hockt mit einer vollen Streichholzschachtel oder einer
Dynamitbombe, zu denen das Material von den Bergleuten geliefert wird? Ich weiß nicht und wage es nicht zu denken, was uns geschehen würde, wenn wir hier Dynamit zum Sprengen brauchen müssten.«
»Sie sind aufgeregt, Don Severo«, rief Chapapote, »von wegen Ihrem Bruder, dass ihm das getan wurde. Aber so leicht lassen wir uns keine Angst einjagen.«
»Kannst das für dich behalten, wie du willst, Chapapote. Du hast hier nichts zu verlieren, nichts weiter als deine beschissene und zerflickte Hose. Mit uns ist es anders, mit mir und meinem Bruder. Wir haben hier unser ganzes Vermögen drinstecken, alles, was wir uns in fünfzehn Jahren harter Arbeit rausgequetscht haben. jedenfalls wisst ihr nun, was ich will. Für die nächsten Wochen wird etwas nachgelassen. Und dabei bleibt es. Verstanden!«
Don Felix holte zwei Flaschen herbei und schenkte ein, um der Sitzung ein freundlicheres Gesicht zu geben.
Don Severo ging hinüber zum Bungalow.
»Was machst du denn jetzt, Aurea?« fragte er die Witwe.
Das Mädchen lag auf dem Bett. Ihr Gesicht war vom Weinen verquollen und ihre Augen entzündet.
Sie richtete sich auf und setzte sich auf den Bettrand. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mir ist alles gleich. Ich bin traurig.« Sie warf sich aufs Bett zurück und begann, die Hände vors Gesicht pressend, aufs neue zu heulen.
»So sehr brauchst du dich wirklich nicht anzustellen«, tröstete Don Severo sie in seiner Weise. »Ihr habt euch doch beide jeden lieben Tag zwei oder gar dreimal gegenseitig geprügelt und angebrüllt. Oder vielleicht nicht?«
»Ja, das ist richtig«, sagte Aurea schluchzend und in ihr Taschentuch schnaubend. »Wir haben uns ewig geprügelt. Aber ich habe ihn geliebt. Und er hat auch mich geliebt. Ich weiß es.
Er hat mir versprochen, mich mit nach Spanien zu nehmen und mich dort zu heiraten, wenn er erst einmal richtig tief im Gelde sitze.«
Don Severo zog einen Stuhl herbei. »Das weißt du auch nicht so bestimmt ob er dich nicht rausgefegt hätte am ersten Tag, wenn er in San Juan Bautista angekommen wäre. Es ist nun zwecklos, darüber lange zu reden, was er gemacht und was er nicht gemacht hätte. Er ist unter der Erde, und wir können keine Zeit mehr über ihn verlieren. Werde dir etwas sagen.« Er rückte dichter heran zu ihr und zog ihren Kopf an seine Brust, ihre Haare streichelnd.
Das Mädchen hörte auf zu schluchzen. Es tat ihr wohl, jemand zu fühlen, an den sie sich lehnen konnte.
»Ich werde dir etwas sagen, Aurea«, wiederholte er.«Allein kannst du hier nicht bleiben. Fällst nur einem der Capataces in die Hände. Das sind Schweine. Oder gefällt dir vielleicht einer?«
»Nicht einmal zum Anspucken!«
»Da ist nichts anderes für dich zu tun, als dass du mit zu mir kommst.«
Aurea vergaß ihre Traurigkeit für einige Sekunden. »Aber, Don Severo, Sie haben doch schon zwei Mujeres bei sich.«
»Richtig. Aber wo ich zwei versorgen kann, da kann ich auch noch eine dritte unterbringen. Oder etwa nicht?«
»Vielleicht Don Severo. Aber die beiden anderen Muchachas, die Sie haben, werden mir die Haare ausreißen.« Sie schnaubte wieder an ihrer Nase herum.
»Das hängt ganz von mir ab, ob dir jemand die Haare ausreißt, denkst du nicht?«
»Sicher, Don Severo. Sie sind der Herr hier, und was Sie sagen, wird getan.«
Es stießen ihr noch hin und wieder einige Schluckser auf, aber sie war auf dem besten Wege, sich mit ihrem Schicksal zu versöhnen. Was hätte es auch für Zweck gehabt, lange herumzutrauern. Das Leben ist viel zu kurz, um zu trauern um jemand, der nicht wiederkommen kann. Stirb und sei noch am selben Tage vergessen. Die Lebenden können sich nicht um dich kümmern, wenn du dich davongemacht hast, um dich auszuschlafen. Und was du heute verlierst, kann dir kein Morgen wiedergeben; denn morgen bist du einen Tag älter. Freuden muss man genießen, wenn sie sich einem bieten. Sie begegnen einem nicht ein zweites Mal in gleicher Schönheit und Frische. Als Frau mit reicher Lebenserfahrung wusste Aurea, dass Frauen weniger Zeit auf Vergangenes und auf Verstorbene verschwenden können als Männer; denn ihre Zeit der Freuden und Genüsse ist weniger lang, obgleich reicher.
So sagte Aurea mit der ergebenen Stimme einer Dulderin: »Wenn Sie das anordnen, dann muss ich ja wohl tun, was Sie sagen.«
»Ich ordne gar nichts für dich an, Aurea«, sagte er darauf mit einem kleinen Schimmer väterlichen Schutzes.
Sie hatte sich von seiner Brust gelöst, wieder ganz aufs Bett gesetzt und begann nun, ihr Haar zu ordnen. Diese Tätigkeit gab ihr gleichzeitig Gelegenheit zu überlegen, ohne auf Don Severo den Eindruck zu machen, dass sie rasch ausrechne, welche Vorteile sie bei dem Handel gewinnen könne.
»Ich weiß, dass Sie mir das nicht anordnen, Don Severo.« Wieder schluchzte sie. Sie konnte sich nicht erlauben, zu schnell und zu offensichtlich für Don Severo den Witwenschleier abzuwerfen. Das hätte ihren Preis herabgesetzt. Und an ihren Preis hatte sie gedacht vom selben Augenblick an, als Don Severo hereinkam, um mit ihr zu sprechen. Dass der Preis nicht in Geld ausgedrückt werden konnte, änderte nichts an der Tatsache, dass es eben doch ein Preis war. Eine Frau, die keinen Preis hat und keinen Preis für sich zu setzen weiß, wird von dem Manne immer zu niedrig eingeschätzt.
»Obgleich Sie mir das nicht anordnen, Don Severo, so habe ich doch keine andere Wahl. Abreisen kann ich nicht, weil ich im Sumpf stecken bleiben würde. So muss ich ja hier bleiben und Ihre Güte in Anspruch nehmen. Aber ich hoffe, Sie werden mich nicht wie ein Dienstmädchen behandeln, Don Severo, da Ihr Bruder, auch wenn wir uns täglich zankten, mich immer mit jedem geziemenden Respekt behandelte. Ich bin aus guter Familie, mein Vater war Fabrikant und Kaufmann.«
»Du weißt recht gut, dass ich das nicht so gemeint habe. Du hast eine bessere Erziehung als die beiden, die ich da habe. Ich kann sie nur jetzt nicht fortschicken, eben aus demselben Grunde, weil die Pferde nicht durchkönnen. Sonst würde ich beide heute noch zum Teufel jagen. Aber siehst du, Aurea, du hast mir immer gefallen, gleich vom ersten Tage an, als ich dich mit Cacho sah. Immer hast du mir gefallen, besser als irgendeine andere. Aber ich konnte dir das nicht sagen, weil du eben mit Cacho warst und ich hier keinen Streit wollte, der für nichts gut gewesen wäre. So, nun weißt du es, und du kommst nun mit mir in mein Camp.«
»Gut, Don Severo, da muss ich ja wohl mit Ihnen gehen.« Ihre Tränen waren bereits versiegt. Sie tupfte ihr Gesicht mit dem verheulten Taschentüchelchen ab, das sie in Wasser tauchte. Sie gab sich reichlich Mühe, gut und frisch auszusehen, so wie es einer Frau gebührt, die soeben vernommen hat, dass sie das Wohlgefallen eines Mannes gewann, der alle Fähigkeiten besitzt, sie weder in diesem noch in jenem Sinne verhungern zu lassen.
Don Severo öffnete die Tür und rief hinaus: »Faldon, hilf der Senorita beim Packen. Morgen früh, muy tempranito, reiten wir ab. Du siehst nach den Mules und besorgst mir einen Jungen.«
El Faldon zwinkerte den übrigen Capataces zu mit einer deutlichen und anzüglichen Geste nach dem Raume hin, wo sich Aurea und Don Severo gegenwärtig befanden.
Schade war es, dass Don Felix mit am Tische saß. Andernfalls hätten die Capataces Festreden unter sich geschwungen, die von dickem Safte tropften wie übergelaufener Honig auf einem abgelutschten Mango.
Eine Minute darauf kam Don Severo herein, die Tür des Schlafraumes hinter sich zuziehend.
»Sie hätte auch gut mit mir gehen können«, sagte Don Felix beiläufig.
»Sie hätte. Aber mit der Megäre, die du da bei dir hast, wäre das nicht gut ausgegangen. Morgen hätten wir ein neues Begräbnis gehabt, einer von euch dreien, vielleicht gar zwei. Du weißt doch das am besten, Hermanito.« Don Felix schenkte sich ein Glas voll ein. Dann stellte er es mit einem heftigen Ruck auf den Tisch und sagte: »Hast recht, Severo. Es ist besser so, wie du das im Sinne hast.«
Alle Capataces, oder wenigstens von jedem einzelnen Distrikt der Mayordomo, waren in das Zentralcamp gerufen worden, um bei der Neueinteilung der Distrikte, die durch das Ausscheiden Don Acacios nötig geworden war, zugegen zu sein und ihre neuen Arbeitsfelder und Distrikte zugewiesen zu bekommen.
Die Region Norte, die Den Severo bisher geleitet hatte, verband er nun mit der Region Oeste und auch mit einem großen Stück der Region Sur, um Don Felix zu entlasten, der wie bis jetzt auch weiterhin die Admimstracion beibehielt. Diese Regionen, die Don Severo nun übernahm, waren so gut wie nicht aufgeschlossen. Sie erforderten darum die ganze Aufmerksamkeit und Arbeit eines sehr erfahrenen Mannes.
In der Administracion fielen jetzt zahlreiche Arbeiten fort, weil der Regenperiode wegen keine Post durchkam. Darum konnte Don Felix jene Distrikte der Regionen Norte, Est und Sur übernehmen, die der Stadt, also der Administracion, nahe genug lagen. Dazu übernahm Don Felix auch noch jene neuen Distrikte, die auf der anderen Seite des großen Flusses sich befanden und in diesen Wochen aufgeschlossen werden sollten.
Freilich konnte Don Felix nicht ständig die Regionen abwandern, denn in der Administracion kamen bald neue und wichtige Arbeiten hinzu, die Aufsehern nicht anvertraut werden konnten, weil sie zu den wichtigsten Aufgaben gehören, die in einer Monteria zu erfüllen sind, wenn die Company keine Verluste erleiden will. Die Monteriastadt lag am Ufer des Hauptstromes. Alle Trozas, die der Company gehörten, schwemmten hier vorüber und wurden hier kontrolliert. Und mit dem Beginn der Regenzeit fing es an, hier recht lebhaft zu werden.
In der Monteriastadt war das Hauptquartier der Flößergruppen, die sowohl den Fluss aufwärts wie abwärts das Flößen und Schwemmen zu regeln hatten. Es war deren Aufgabe, Stockungen der sich auftürmenden Stämme zu vermeiden, oder wenn sie geschahen, sie aufzubrechen.
An vielen Stellen hakten sich Stämme in Gestrüpp oder in den Geröllen nahe der zahlreichen Fälle fest und hielten hier die nachrückenden Massen schwimmender Trozas auf.
Das Aufbrechen und Auseinanderbrechen der Türme versackter Trozas war gefährliche Arbeit.
Hundertmal gefährlicher als in Flüssen nichttropischer Art. Die Burschen kletterten zwischen den aufgetürmten Stämmen umher, um diejenigen Trozas, oft war es nur eine, die jene Stockungen verursachten, zu finden und wieder in Fluss zu bringen. Während die Burschen noch herumhackten und herumrüttelten, um die Stämme loszubringen, schossen plötzlich gewaltige Wassermassen, verursacht von schweren Wolkenbrüchen tief im Dschungel, heran, die ganze Berge entwurzelter, unkontrollierbarer Urwaldriesen unter donnerndem Getöse und mit der Gewalt von Lawinen gegen die Türme versackter Trozas schleuderten. Die Türme krachten zusammen und verschütteten die Burschen, die sich in diesem Augenblick, gleich Ameisen gegenüber einem hohen Holzhaufen, abmühten, die Trozas zu lösen und aufzuzerren. Waren die Burschen, die den schweren hochgetürmten Wassersturz ankommen sahen, nicht sehr gewandt, dann wurden sie zwischen die fallenden und sich überstürzenden Stämme gequetscht, und ehe sie sich herauswinden und herausschlängeln konnten, war ihnen der Schädel zertrümmert, Beine und Arme gebrochen, oder sie waren zu Brei zerrieben. Selbst wenn sie den fallenden und stürzenden Trozas entwischten, geschah es, dass sie unter die strömenden Holzmassen gerieten, herumgequirlt und, auch wenn sie gute Schwimmer waren, fortgerissen wurden und ertranken, ehe sie auch nur ein Loch fanden, durch das sie entkommen konnten. Dass von fünfzig Burschen, die das Schwemmen besorgten, zwanzig ihr Leben verloren, war keine Seltenheit.
Als Don Severo hier in dem Hauptcamp anlangte, fehlten noch etwa vier Wochen bis zu dem Tage, den er und Don Felix als ersten Abflößetag festgesetzt hatten. Wenngleich jetzt kaum ein Tag vorüberging, ohne dass mehrere heftige Regengüsse erfolgten, besaßen doch die kleineren Flüsse, Barrancas, Esteros, Arroyos, die das weite Gelände der Monterias durchzogen und an denen die Trozas aufgehäuft waren, noch nicht genügend Hochwasser, um auch aus den fernsten Winkeln und Ecken der Regionen abschwemmen zu können. Der Boden jener Gräben musste erst so durch und durch mit Wasser getränkt sein, dass die Erde lehmig und undurchlässig wurde, ehe das Wasser hoch genug stand, um flößen zu können.
Aber je länger Den Severo mit dem Flößen warten konnte, desto mehr Tonnen wurden inzwischen geschlagen. Und so viele Tonnen wie nur möglich liefern zu können, war die einzige Sorge, die er jetzt hatte.
Dieselbe Sorge hatte auch Don Felix.
Der Beschluss, in Zukunft weniger heftig mit den Muchachos zu verfahren, war drei Tage nach der Konferenz vergessen.
Nicht nur alle Capataces, von denen ja jeder eine gute Kommission in bar erhielt für jede Tonne, die in seinem Distrikt geliefert wurde, sondern auch Don Felix und Don Severo krachten nach wenigen Tagen mit derselben Frische und Härte auf die Schläger und Ochsenknechte ein, wie sie das vorher getan hatten. Don Acacio und sein Schicksal war vergessen, noch ehe die Maden angefangen hatten, sich an ihm zu ergötzen.
Also drauflos gearbeitet. Vier Tonnen täglich von jedem Mann. Sie können sich ausschlafen, wenn sie ihren Kontrakt abverdient haben und dann daheim in ihrem verlausten Dorf Mais bauen und Schweine aufziehen. |
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