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Fjodor Gladkow - Zement (1925)
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II. Das rote Kopftuch

Der erloschene Herd

Tagsüber blieb Gleb zu Hause. Das verwahrloste Zimmer mit dem staubigen Fenster (selbst die Fliegen mieden es) und dem ungescheuerten Fußboden stieß ihn ab und beengte ihm die Brust. Gegen Abend schienen die Wände noch näher zusammenzurücken, und die Luft wurde noch stickiger.
Gleb irrte auf dem Werkgelände umher, stieg zu den Steinbrüchen voller Gestrüpp und Unkraut hinauf und fühlte sich hinterher immer wie zerschlagen.
Erst in der Nacht kehrte er heim. Dascha empfing ihn nicht wie in früheren Jahren.
Damals war das Zimmer freundlich und behaglich gewesen. An den Scheiben hatten sich die Mullgardinen gebauscht, und auf dem Fensterbrett leuchteten bunte Topfblumen.
Der gestrichene Fußboden hatte wie ein Spiegel geglänzt, das weißbezogene Bett sich weich gewölbt, ein duftiges Tischtuch zärtlich zum Bleiben eingeladen. Der Samowar hatte gesummt und das Teegeschirr leise geklirrt. Hier hatte einst Dascha gelebt, hatte gesungen, geseufzt, gelacht, von morgen geredet und mit der kleinen Njurka gespielt.
Der Gedanke tat weh, dass es dies alles einmal gegeben hatte. Jetzt verursachte der Anblick desselben Heimes voll Dreck und Schimmel Übelkeit.
Wie gewöhnlich kam Dascha erst nach Mitternacht.
Trübe brannte die blakende Petroleumlampe, und die Milchglasglocke am rußgeschwärzten Draht schwebte wie eine erfrorene Blume in der Luft.
Gleb lag auf dem Bett und beobachtete Dascha unter den Wimpern hervor.
Nein, das war nicht die Dascha von früher — jene Dascha war tot. Vor ihm stand eine ganz andere Frau, mit braungebranntem Gesicht und eigenwilligem Kinn. Das rote Tuch umloderte den Kopf und ließ ihn größer erscheinen.
Sie zog sich am Tisch aus, kaute an einer Brotrinde und sah nicht einmal zu ihm hin. Ihr Gesicht war müde und verschlossen.
Als Dascha von ihrer Dienstreise zurückkehrte, war sie sofort nach Hause geeilt, hatte Gleb jedoch nicht angetroffen: er hatte gerade die Bremsberge besichtigt. In der Nacht hatte sie ihn dann geschäftig umsorgt, hatte ein paar schneeweiße Süßstofftabletten auf eine Untertasse geschüttet, Mohrrübentee gebrüht und ihm mit schalkhaftem Blick ein Stück Butter zugeschoben — alles Dinge, die sie im Bezirksparteikomitee für ihn erstanden hatte. Beim Teetrinken hatte sie angeregt von ihrer Arbeit im Frauenausschuss erzählt und ihn dann gefragt, wie er die letzten drei Jahre verbracht und an welchen Fronten er gekämpft habe.
Dann hatten sie von Njurka gesprochen: Sie sei ein artiges kleines Mädchen und habe sich gut im Kinderheim eingelebt. Ihre Spielkameraden mochte sie gar nicht mehr missen. Als Dascha sie einmal an einem Feiertag nach Hause holte, habe sie die ganze Zeit ins Heim zurück gewollt. Dabei ließen die Kinderheime noch viel zu wünschen übrig, die Verpflegung sei mäßig — es gebe wenig Milch, keinen Zucker, und von Fleisch hätten die Kinder überhaupt keine Vorstellung. Das Personal sei unzuverlässig — jedem müsse man ständig auf die Finger sehen. Aber mit der Zeit werde schon alles werden, werde alles sich einrenken. Doch was habe er, Gleb, denn vor?
Er hatte gar nicht hingehört und lauter unpassende Antworten gegeben. Hatte sie nur angesehen und sich bemüht, sie zu begreifen, sich in sie einzufühlen, die frühere stillschweigende Ergebenheit in ihr wieder zu finden. Umschlungen hatte er sie, hatte sie dann auf die Arme genommen, war ungestüm geworden. Auch sie hatte ihn umarmt, in ihren Küssen jedoch war vorsichtige Zurückhaltung, und ihre ängstlich aufgerissenen Augen hatten streng geblickt. Da war er, rasend vor Leidenschaft, über sie hergefallen, sie aber hatte unfreundlich-nüchtern verlangt: „Aber warte doch! Halt mal! Einen Augenblick!"
Wie Ohrfeigen hatten ihn diese kalten Worte getroffen und zurückgeschleudert. Dascha aber war verletzt gewesen und hatte ihn mit Vorwürfen überhäuft: „Du erkennst mich nicht als Menschen an, Gleb. Warum siehst du in mir nicht den Kameraden? Ich habe manches Gute und Neue kennen gelernt, Gleb. Ich bin nicht nur Frau — nicht mehr. Versteh das doch. Während du weg warst, habe ich den Menschen in mir entdeckt und seinen Wert erkannt. War nicht ganz einfach. Hat mich viel gekostet, dieser Stolz. Dafür aber kann niemand ihn mehr brechen, auch du nicht, Gleb."
Er war wütend geworden und hatte sie rüde unterbrochen: „Ein Weib ist mir jetzt wichtiger als ein Mensch ... Bin ich verheiratet oder nicht? Habe ich ein Recht auf meine Frau, oder bin ich ein Trottel geworden? Was sollen mir deine Redensarten, verflucht noch mal!"
„Was ist das für Liebe, Gleb, wenn du mich nicht verstehst? Ich kann das nicht ertragen. Ich will nicht mehr so leben wie früher, bloß in den Tag hinein. Und mich einfach unterordnen wie die meisten Frauen, das liegt mir nicht."
Fremd und unnahbar, hatte sie ihn stehen lassen.
Die Entfremdung hatte seitdem mit jedem Tag zugenommen. Dascha war immer verschlossener geworden, und Gleb hatte wohl gesehen, dass sie sich quälte. Auch er hatte gelitten — an der ihm zugefügten Kränkung und an seinem Zorn darüber. Er war zu dem Schluss gekommen, dass jemand zwischen ihnen stehen müsse, dass Dascha in diesen Jahren wahrscheinlich einen anderen Mann gefunden habe und ihre Liebe nun nicht zwischen ihm und seinem unbekannten Nebenbuhler teilen wolle. Wie hätte er sich sonst ihre Unnachgiebigkeit erklären sollen? Hat sie in diesen drei Jahren den Mann entbehren müssen, dann kann es doch einfach nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn sie sich ihm nach seiner Rückkehr nicht ohne Besinnung hingibt. Wie dumm, nachts, unter seinen heißen Umarmungen Vorträge über den Menschen im Weibe zu halten! Dabei hatte er sehr wohl gemerkt, dass auch sie ihre Erregung nur schwer beherrschen konnte, dass ihr Herz stürmisch unter seiner Hand klopfte.
Da stand sie nun vor ihm — ferner noch als in den ersten Tagen. Wie lange sollte denn dieses Getue noch weitergehen, verdammt noch mal?
„Sag selbst, was soll ich davon halten, Dascha. Ich bin Soldat gewesen, ich habe keine freie Minute für mich gehabt. Nun bin ich nach Hause gekommen, und es steht mir bis zum Halse. Nächtelang liege ich wach und warte auf dich. Eine ganze Woche bin ich nun schon da, und du hast in dieser Zeit nur dreimal daheim geschlafen. Wir haben uns doch drei Jahre lang nicht gesehen."
Sie seufzte und lächelte weich. „Ja, drei Jahre, Gleb."
„Du kannst mich totschlagen, aber ich verstehe nichts. Erinnerst du dich noch an die Nacht, als wir uns getrennt haben? Weißt du noch, wie du mich in der Dachkammer bemuttert hast? Wie hast du geweint, als ich dann gehen musste! Wie oft habe ich daran gedacht. Dascha, was ist geschehen?"
„Ach, Gleb, es hat sich so vieles geändert!"
„Eben. Das meine ich ja."
„Sieh mal, Gleb, ich war damals ein dummes Ding. Ich schäme mich richtig, wenn ich daran denke."
„So. Dann bin ich also vergebens zurückgekommen, Dascha. Alles, was früher war, ist zum Teufel?"
Dascha blickte ihn aufmerksam an und wandte sich dann nachdenklich zum nachtdunklen Fenster um.
„Was willst du eigentlich, Gleb? Was hast du die ganzen Jahre gedacht? Du hast mich damals meinem Schicksal überlassen, und ich habe mich allein durchgebissen. Ich habe sogar gelernt, mich im Winter im ungeheizten Zimmer wohl zu fühlen — wir stecken doch in einer Brennstoffkrise —, ich habe mich daran gewöhnt, in der Kantine zu Mittag zu essen." Sie lächelte und fügte scherzhaft hinzu: „Du siehst, auch ich bin eine freie Sowjetbürgerin."
Gleb setzte sich im Bett auf, und seine Augen, die Tod und Blut gesehen hatten, weiteten sich erschrocken.
„Und Njurka? Soll dir als der freien Frau am Ende auch deine Tochter gestohlen bleiben?"
„Was für ein Blödsinn, Gleb!"
Sie nahm ihr Kopftuch ab und warf es auf den Tisch. Ihr kurz geschnittenes kastanienbraunes Haar lockerte sich, ein paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Man hätte sie für einen Jungen halten können. Sie betrachtete Gleb ein wenig von oben herab, mit überlegener Nachsicht, und lächelte.
Draußen, in der Schlucht, seufzte ein einsamer Nachtvogel, unter dem Fußboden wühlten hungrige Ratten in Erde und Schotter.
„Na schön. Aber wenn ich nun morgen ins Kinderheim gehe und Njurka nach Hause hole? Was würdest du dazu sagen?"
„Bitte, Gleb. Du bist der Vater. Ich habe keine Zeit, mich um sie zu kümmern. Aber wenn du Kindermädchen spielen willst — nur zu. Ich würde mich sehr freuen."
„Aber du bist doch die Mutter. Seit wann hast du dich in einen Kuckuck verwandelt? Steckst dein Kind weiß der Teufel wohin und jagst mit hängender Zunge durch die Gegend."
„Ich bin in der Partei, Gleb. Vergiss das nicht!"
Gleb erhob sich und ging zur Tür. Wieder glaubte er ersticken zu müssen. Die Wände erdrückten ihn, der Fußboden bebte und knarrte unter seinen Stiefeln.
Dascha nahm Kissen und Decke vom Bett, holte ein Laken aus der Kommode und bereitete sich auf dem Fußboden ein Nachtlager.
Dann machte sie rasch das Bett für Gleb zurecht.
Er musste endlich Klarheit gewinnen: Liebte sie ihn wie früher, oder war ihre Liebe gestorben und mit der Liebe auch die alte Dascha?
Wem hatten in diesen drei Jahren ihre Liebkosungen und ihr warmer Körper gehört? Hätte denn auch eine gesunde, kräftige Frau als taube Blüte leben können?
„Ja, Bürgerin, so ist das nun. Beim Abschied flossen die Tränen, beim Wiedersehen weiß man nicht, was sich sagen."
„Warum denn, Gleb? Ich möchte gern mit dir sprechen. Ich möchte dir viele gute Worte sagen. Aber du denkst immer nur an das eine."
Er hörte nicht auf sie und brummte: „Drei Jahre lang hab ich gedacht: Zu Hause wartet meine Frau auf mich. Und dergleichen mehr ... Nun bin ich heimgekommen — und bin Witwer geworden. Als ob ich nur im Traum verheiratet gewesen wäre! Du hast natürlich einen Mann gehabt — nur nicht mich."
Dascha drehte sich verblüfft zu ihm um, und ihre Augen blitzten zornig.
„Du hast wohl an der Front keine Mädchen gehabt? Sei ehrlich! Ich weiß ja nicht einmal, ob du gesund geblieben bist oder vergiftetes Blut mitgebracht hast."
Sie sagte das geringschätzig durch die Zähne, dabei aber sehr bestimmt. Gleb sah sich durchschaut, und das machte ihn verlegen.
„Na ja, an der Front passiert so manches. Man kann doch aber Mann und Frau nicht über einen Kamm scheren. Was der Mann darf, darf die Frau noch lange nicht."
Dascha hatte sich ausgezogen, ging aber nicht zu Bett; sie lehnte ungeniert an der Wand. Mit wissendem Blick maß sie Gleb von Kopf bis Fuß und murmelte wieder geringschätzig durch die Zähne: „Das ist ja reizend! Bei der Frau liegt die Sache anders. Ein beneidenswertes Los ist ihr zugefallen — Sklave hat sie zu sein ohne eigenen Willen, nicht Leitpferd, sondern Beipferd. Nach welchem Abc hat man dir den Kommunismus beigebracht, Genosse Gleb?"
Er erkannte sie nicht wieder; eine ganz neue Kraft ging von ihr aus. Ihre unerschrockene Offenheit brachte ihn außer Fassung. Hätte sie es früher gewagt, in so selbständigem Ton mit ihm zu sprechen? Sie hatte einst gedacht, was er dachte, und sich ihm rückhaltlos untergeordnet. Woher nahm sie heute diesen Mut und dieses Selbstbewusstsein?
Er trat auf sie zu und sah ihr ins Gesicht. „Also ist es wahr? Ja?"
Draußen vor dem Fenster, im Sternenschein, lag dumpfe Stille, trotz Gezirp und nächtlichem Klingen. Hinter dem Werk, bei den Anlegestellen, seufzte das Meer in phosphoreszierendem Dunst das Klagelied der Brandung.
„Ich frage dich nicht nach deinen Frontliebchen, Gleb, was gehen dich meine Liebsten an?"
„Lass dir gesagt sein, Dascha — ich kriege es raus. Ich komme dir auf die Schliche. Merk dir das!"
Sie löste sich von der Wand, ihre Augen funkelten. „Vorsicht, Gleb. Auf Stirnrunzeln verstehe ich mich nicht schlechter als du."
Wo nahm sie diese Frechheit her? Wo hat sie gelernt, den Kopf so stolz zurückzuwerfen und einen Schlag mit dem Blick zu parieren?
Nicht die Kriegsereignisse, nicht der Hamstersack auf dem Buckel, nicht die üblichen Weibersorgen hatten Dascha zu sich selbst finden lassen und ihren Charakter gestählt, sondern der Gemeinschaftsgeist, die Hochglut der letzten Jahre, die harten Prüfungen und das schwere Frauenlos.
Der Boden wankte ihm unter den Füßen. Er fühlte, dass er lächerlich dastand. Seine Ohnmacht machte ihn rasend; er fasste ihre Hände und presste sie zusammen, dass die Gelenke knackten. Sie verriet mit keiner Miene, wie weh es ihr tat.
„Hände weg, Gleb! Hörst du! Lass los!" Er packte sie um den Leib und warf sie aufs Bett. Sie nahm alle Kraft zusammen, um sich loszureißen, ihr entblößter Körper wand sich ohne alle Scham in seinen Armen. Schließlich stieß sie Gleb mit einem geschickten Fußtritt zu Boden und sprang rasch vom Bett auf. Blass, keuchend, strich sie ihr Hemd glatt und sagte voller Verachtung: „So lasse ich nicht mit mir umspringen, Gleb. Du kennst mich noch nicht von dieser Seite? Lern mich kennen, es kann nicht schaden. Ein feiner Bolschewik bist du! Ein tüchtiger Kämpfer! Nicht einmal zu Verstand bist du im Krieg gekommen."
Er saß bezähmt auf dem Fußboden und knirschte mit den Zähnen.
„Mach das Licht aus, Gleb, und leg dich hin! Kühl dich ab. Jetzt bist du nicht fähig, zu denken. Wir kommen heute sowieso zu keinem Ergebnis."
„Ich begreife nichts, Dascha. In meiner Brust brennt es wie Feuer."
„Leg dich hin und beruhige dich, Gleb. Ich bin todmüde. Morgen muss ich wieder aufs Land. Immer wieder Banditen, Überfälle."
Sie ging selbst zum Tisch und löschte die Lampe. Er hörte, wie sie sich niederlegte und mit dem Bettzeug raschelte, dann wurde es still. Gleb war elend zumute — vor Kränkung und Scham. Am liebsten hätte er sich auf sie geworfen, sie geschlagen, ihr weh getan und — geweint, unter Tränen um Zärtlichkeit gebettelt. Lange lagen sie schweigend und unbeweglich. Er erwartete, erhoffte immer noch, dass sie aufstehe, zu ihm komme und sich, ohne ein Wort zu sagen, zärtlich an ihn schmiege. Aber sie rührte sich nicht, und er hörte nicht einmal ihren Atem.
„Dascha, Liebste! Quäl mich doch nicht. Warum bist du so spröde?" Sie griff nach seiner Hand und legte sie an ihre Brust.
„Lieber, nimm dich zusammen, beruhige dich. Versuchen wir uns doch ein wenig zu verstehen. Hab Geduld, Lieber. Mir fällt das alles auch nicht leicht. Aber es gibt da manches, das man durchdenken muss. Ich habe mich nur nach dir gesehnt, die ganzen drei Jahre."
Der Himmel war voller Sterne. Fernes Donnergrollen kam aus den Bergen. Es war das Lied des Waldes, den der nächtliche Nordost in den Schluchten zauste.

Das Kinderheim

In der Frühe merkte Gleb, noch halb schlafend, dass das Zimmer von Sonne überflutet war. Zwischen Tür und Fenster zogen Frühlingslüfte hin und her. Dascha stand am Tisch und band sich ihr feuerrotes Tuch um den Kopf.
Sie sah zu ihm hinüber und lächelte. „Inzwischen habe ich schon einen Bericht über die Kinderkrippen ausgearbeitet, Gleb. Auch der Kostenanschlag ist fertig — nur Geld ist keins da. Was sind wir doch für arme Schlucker! Man müsste die Bourgeoisie mal ein bisschen ausquetschen. Aber halt mal! Du warst ja noch gar nicht bei Njurka. Wollen wir zusammen ins Kinderheim gehen? Es ist nicht weit von hier!" „Du, Dascha, komm doch mal her!"
Dascha trat zu ihm, eine ironische Frage in den morgenfrischen Augen. „Da bin ich. Nun?" „Gib mir deine Hand! So."
Beide schwiegen, lächelten sich an, schienen einander ins Herz sehen zu wollen. „Der Teufel soll schlau aus dir werden: Du wirkst wie die alte und bist doch wieder neu. Vielleicht bin ich auch kein Schlosser mehr? Schön, man lernt immer dazu. Jetzt scheint sogar die Sonne anders als früher."
„Ja, Gleb, vielleicht tut sie es wirklich. Alles hat sich verändert — das stimmt. Auch du bist anders geworden — jünger oder auch älter, ich weiß es nicht. Bei mir jedenfalls hat sich das Unterste zuoberst gekehrt. Siehst du, auf mich hast du Wut und bist doch nur selber schuld. Noch kein einziges Mal hast du dich erkundigt, wie ich gelebt habe, durch welches Feuer ich gegangen bin. Wenn du dich nur ein bisschen in mich einfühlen würdest, dann wärst du bestimmt nicht so grob zu mir. Ach, du bist mir schon ein Held!"
Sie lachte auf und rannte hinaus auf die Treppe. „Los, mach dich fertig! Ich warte."
Auf dem Weg zum Kinderheim lief Dascha die ganze Zeit voraus. Die Sträucher und Hecken, die den Pfad säumten, verbargen sie manchmal: das rote Kopftuch erlosch und loderte wieder auf.
Das Kinderheim „Krupskaja" lag in einer Talsenke zwischen Obstbäumen. Die wuchtigen Mauern waren aus rohen Felsbrocken gebaut und mit Zementmörtel zusammengefügt. Die hohen Fenster standen weit offen; aus der dunklen Leere dahinter drang vielstimmiges Gezwitscher. Eine massive Freitreppe, mit Zementvasen auf Sockeln, führte zum ersten Stock hinauf. Wie reife Melonen glänzten auf der Veranda die Kinderköpfchen im Sonnenschein. Die kleinen Gesichter sahen von weitem leichenhaft eingefallen aus. Waren es Jungen oder Mädchen? Es ließ sich nicht unterscheiden; alle trugen lange graue Hemden. Auch die Pflegerinnen waren in Grau, hatten nur weiße Kopftücher um und vergingen unter der sengenden Sonne.
Zur Rechten aber, zwischen und über den Gebäuden, glitzerte das Meer in blendendem Azur.
Wie ein schwarzer Wasserkäfer lief von der Anlegestelle ein Hafenkutter aus. Die Stadt und das Gebirge waren scharf umrissen und in greifbare Nähe gerückt.
Berge, Meer, Werk, Stadt, alle Weiten hinter dem Horizont — ganz Russland —, das sind wir. All dieses Riesige — die Berge, das Werk, die Weite —, alles singt im Innern von gewaltiger Arbeit. Erbeben unsere Hände nicht im Vorgefühl harten, beharrlichen Zupackens? Schlägt das Herz nicht Sturm unter den Stößen des Blutes? Das ist das Russland der Arbeiter, das sind wir, das ist der neue Planet, von dem die Menschheit jahrhundertelang geträumt hat.
Dascha war an der Treppe stehen geblieben und lächelte ihm entgegen.
„Was für eine herrliche Luft, Gleb, so herrlich wie das Meer! Frühling! Njurka wohnt im ersten Stock."
Wieder war sie ihm um einige Stufen voraus. Man merkte ihr an, dass sie sich hier wie zu Hause fühlte.
Von der Veranda aus beobachtete Gleb eine Schar ausgemergelter Kinder, die zwischen den Büschen und den spärlichen Obstbäumen umherflitzten. Sie warfen sich auf die Erde, wühlten mit gieriger Hast und diebischen Seitenblicken. Sie wühlten und rissen einander die Beute aus den Händen. Einige stöberten im Misthaufen am Zaun.
Gleb war erschüttert; er wies mit dem Kopf auf die Kinder und sah Dascha starr ins Gesicht. „Sie verhungern euch hier noch alle, Dascha. Erschossen müsstet ihr werden für eure Arbeit."
Dascha hob verwundert die Brauen, sah hinunter und lächelte. „Ach, du meinst die Wühlerei? Nicht halb so gefährlich, es gibt Schlimmeres. Wenn wir nicht so aufpassten, wären sie uns längst alle wie die Fliegen gestorben. Als wir die Heime aufmachten, hat es überhaupt nichts zu essen gegeben. Und wenn man dem Personal nicht auf die Finger sähe, wäre es den Kindern schon an die Kehle gegangen. Das heißt, es gibt auch Anständige darunter, schon unsere Schule."
„Und Njurka? Wühlt sie auch so in der Erde und im Mist wie diese hungrigen Ferkel da?"
„Ist Njurka denn etwas Besseres als die anderen? Ihr ist es auch oft dreckig gegangen. Ohne unsere Frauen wären die Kinder vor Läusen und Seuchen umgekommen."
Während Gleb und Dascha den Berg heruntergekommen waren, hatten sie noch Kinder auf der Veranda gesehen. Nun aber waren alle verschwunden, auch die Pflegerinnen. Sie waren wohl fortgelaufen, um die Ankunft von Gästen zu melden.
In dem Saal stand prall die Sonne, die Luft war drückend heiß. Auf den Betten, die in zwei Reihen aufgestellt waren, lagen weiße und rosa Decken voller Löcher und Flicken. Die Kinder hatten graue Kittelhemden an, die wie Säcke aussahen. An den Wänden hingen selbstgemalte Bildchen aus den Arbeitsgemeinschaften der Kleinen.
Einige Pflegerinnen blieben ehrerbietig stehen. „Guten Tag, Genossin Tschumalowa, die Leiterin kommt gleich." Dascha war hier in ihrem Reich. „Njurka, da bin ich, Njurka!"
Eines der Mädchen in grauem Kittel, das kleinste von allen, lief Dascha kreischend und lachend entgegen. Die anderen Kinder kamen genauso kreischend hinterher gerannt. „Tante Dascha ist da! Tante Dascha ist da!"
Njurka! Wie hatte sie sich verändert, der kleine Racker, nicht wieder zu erkennen! Ganz fremd mutete sie ihn an, und doch wieder vertraut.
Sie flog auf die Mutter zu und vergrub sich in ihrem Rock. „Mama! Meine Mama!"
Dascha schloss sie lachend in die Arme, drehte sich mit ihr im Kreise und küsste sie ab.
Das war wieder die alte Dascha, die Dascha, die ihn einst jeden Abend mit der Kleinen erwartet hatte. Die gleiche Zärtlichkeit, die gleichen feuchtschimmernden Augen, die gleiche singende, nervös vibrierende Stimme.
„Sieh mal, Njurkalein, das ist dein Papa. Sieh doch! Erinnerst du dich noch an deinen Papa?"
Njurka sah Gleb mit ihren blauen Augen scheu an und zog ein finsteres Gesicht.
Gleb lachte, streckte ihr die Hand hin und fühlte, wie sich ihm die Kehle zusammenschnürte.
„Gib mir einen Kuss, Njurkalein. Wie groß du bist! Bald so groß wie die Mama."
Das Kind wich vor ihm zurück und sah wieder forschend die Mutter an.
„Das ist Papa, Njurka."
„Nein, das ist nicht Papa. Das ist ein Rotarmist."
„Aber ich bin doch beides — dein Papa und Rotarmist."
„Nein, das ist nicht mein Papa." Dascha lächelte unter Tränen.
„Na schön, fürs erste bin ich eben nicht dein Papa. Aber mein Töchterchen bist du trotzdem. Wir wollen Freunde sein, wir beide. Das nächste Mal bringe ich dir Zucker mit. Ganz bestimmt, und wenn ich den Berg danach umgraben müsste. Ist denn die Mama besser als ich? Du bist hier — sie aber ist dort."
„Mama ist hier. Am Tage ist sie hier, und auch wenn es nicht Tag ist. Aber Papa ist fort. Ich weiß nicht, wo Papa ist. Papa schlägt sich mit den Burschos."
„Oh, das hast du aber fein gesagt! Komm, dafür kriegst du einen Kuss."
Die Kinder starrten Gleb neugierig an, lachten und warteten sehnsüchtig darauf, dass Tante Dascha sich auch mit ihnen beschäftige. Die Mädchen, kahl geschoren wie Jungen, hielten Veilchensträußchen in den Händen und streckten sie ihr um die Wette hin; jede wollte ihr als erste die Blumen in die Hand drücken.
„Tante Dascha! Tante Dascha!"
In einem abgelegenen Zimmer trommelte jemand auf dem Klavier, und ein Kinderchor sang in allen Stimmlagen:
Wacht auf, ihr Kinder neuer Ordnung, befreite Jugend aller Welt...
Dascha lachte, streichelte den Kindern die Köpfchen, und man merkte, dass die Kleinen es gewöhnt waren, von ihr geliebkost zu werden, und darauf warteten wie auf das tägliche Brot.
„So, ihr Rangen, was habt ihr heute gegessen, was habt ihr getrunken, wessen Bäuchlein ist voll, wessen leer? Erzählt mal!"
Sie schrieen durcheinander, kratzten sich den Bauch und den Kopf. Ein schmuddliges kleines Kerlchen zog die Nase hoch, schluckte den Schleim hinunter und scheuerte sich ächzend die Brust, die Augen weit aufgerissen. Gleb trat zu ihm und hob sein Hemd hoch. Der Kleine brüllte los, rannte in eine Ecke und drückte sich hinter die Betten. Man sah nur noch seinen Kopf und die weitaufgerissenen Augen.
„Trat-ta-ta-ta! Was für ein grimmiger Held — immer gleich rauf auf die Barrikaden!"
Alles lachte. Und durch die offenen, türgroßen Fenster lachte die Sonne herein.
Dascha nahm Njurka bei der Hand und ging voraus. Gleb empfand schmerzlich, dass er auch hier fremd war. Njurka an der Hand, mitten unter den Kindern, ließ Dascha ihre Stimme ertönen wie ein Glöckchen. Er aber war einsam und kinderlos, hier nicht minder als zu Hause.
Ja, auch hier wollte das Leben zurückerobert werden ... Sie gingen durch alle Stockwerke. Im Speisesaal — Essgeschirr und Kinder; in der Küche — Dampf, Graupendunst und auch wieder Kinder; dann der Klubraum — ohne Möbel, die Wände voller Schimmel und selbstgepinselten Bildchen. Hier umdrängte der Kinderchor ein junges Mädchen mit kurz geschnittenem Haar und einem braunen Muttermal über die ganze Wange und sang durcheinander:
Wacht auf, ihr Kinder neuer Ordnung, Erbauer der geeinten Welt...
Auch die beiden Nachbarinnen, die Domacha und Lisaweta, arbeiteten im Kinderheim mit. Sie muteten Gleb ebenfalls wie etwas Neues, noch nie Gesehenes an. Die Domacha war in der Küche und half beim Kochen. Erhitzt, mit aufgekrempelten Ärmeln wirtschaftete sie herum, als sei sie hier zu Hause. Sie empfing Dascha mit Küssen.
„Aha, unsere Atamanin ist gekommen. Du musst dir dieses ekelhafte Volksbildungskommissariat mal vorknöpfen. Sie sollen was tun und nicht nur in die Rotzlappen schnauben! Aber erst die vom Versorgungskomitee, die müsste man mit dem Schädel an die Wand hauen. Wo gibt's denn so was, dass man Kinder mit Würmern und Mäusedreck füttert? Was, der Herr Gemahl ist wieder da? Schaff ihn dir vom Halse! Meiner ist nicht zurückgekommen — um so besser! Hol's der Teufel! Mach mir nicht bange mit deiner Trichterhaube! Aber ins Versorgungskomitee gehe ich selbst und trete ihnen mit dem Stiefel in die Fresse."
Dascha klopfte ihr auf den breiten Rücken und lachte. „Na, du schnatterst ja mal wieder was zusammen. Ein tolles Weibsstück bist du, Domacha, uff!"
„Der ganzen Bande dort müsste man die Zähne einschlagen. Solche Höllenhunde, denken nur immer an den eigenen Wanst. Ich werde ihnen allen den Hintern versohlen." Gleb lachte.
Lisaweta fanden sie in der Speisekammer bei der Wirtschaftsleiterin. Beide waren hochgewachsene, stolze Frauen, waren sauber gekleidet und sahen wie Krankenschwestern aus. Die Wirtschaftsleiterin war dunkel, mit einem kleinen armenischen Schnurrbärtchen, Lisaweta weißblond und füllig (trotz Hungersnot und Verfall!). Sie prüften Lebensmittel auf ihr Gewicht hin und machten sich Notizen.
Lisaweta behielt auch bei Daschas Erscheinen ihre stolze Haltung bei, nur in ihren Augen blitzte kurz ein Lächeln auf.
„Guck mal in die Kleiderkammer, Dascha. Bei der letzten Wäsche hat sich alles in Fetzen aufgelöst. Die Kinder haben nichts zum Wechseln. Sie gehen in die Berge Holz sammeln, aber die Arbeiter haben schon alles aufgelesen. Wir wissen nicht, wie wir unsere Graupen kochen sollen. Wem muss man nun eins auf den Deckel geben?"
Dascha notierte sich Domachas und Lisawetas Auskünfte, eine Kummerfalte auf der Stirn.
„Genossin Lisaweta, du wirst alle Heime inspizieren und dem Frauenausschuss darüber berichten. In der Erde wühlen — schön, ohne das geht's noch nicht. ,Auf den Deckel geben' aber — ohne das geht's auch nicht."
Einmal hatte Lisaweta auch einen Blick auf Gleb geworfen, ihn dann aber nicht weiter beachtet.
Wieder begegneten ihnen auf Schritt und Tritt Frauen mit und auch ohne Kopftuch. Alle lächelten Dascha ehrerbietig und einschmeichelnd zu, während sie Gleb argwöhnisch von der Seite musterten. Wer war das? Doch nicht etwa einer von diesen aufdringlichen Revisoren, die man genau beäugen musste, um ihre schwachen Seiten herauszufinden?
Gleb haschte nach Njurkas Hand und bat: „Gib mir doch das Händchen, Njurkalein! Der Mama gibst du's, warum denn mir nicht?"
Sie versteckte ängstlich ihre Hände. Doch als er die Kleine dann wie zufällig auf den Arm nahm und küsste, gab sie den Widerstand plötzlich auf und sah ihm zum ersten Mal aufmerksam und bedachtsam ins Gesicht. „Ihre Njurka ist ein prächtiges Mädchen."
Die Heimleiterin hatte es gesagt, eine wendige, nicht zu fassende flinke Maus mit funkelnden Augen und Goldzähnen.
Dascha sah an ihr vorbei, ihr Gesicht wurde wieder streng und hart.
„Was heißt hier — meine Njurka. Hier sind alle gleich. Alle sollen prächtig sein ..."
„Ja, gewiss, gewiss! Wir tun ja alles für die Proletarierkinder. Die Proletarierkinder müssen wir jetzt in den Mittelpunkt unserer Sorge stellen. Der Sowjetmacht ist so sehr daran gelegen."
Gleb knirschte mit den Zähnen. Dummes Geschwätz! Man sollte mal untersuchen, was für ein Element das ist!
Und dann kamen Klagen, Klagen, Klagen.
Auch auf die Klagen antwortete Dascha streng und unfreundlich, solche Sprache hatte Gleb früher nie von ihr gehört.
„Ich bitte Sie, jammern Sie nicht, Genossin Heimleiterin! Weisen Sie Tatsachen vor, aber jammern Sie nicht. Auf Gejammer kommt es hier nicht an." „Aber nein doch, nein doch, Genossin Tschumalowa, gewiss nicht! Mit Ihnen ist so schön, so angenehm zu arbeiten!"
Dascha schaute in alle Ecken, steckte ihre Nase überallhin, hörte nicht auf zu fragen. Schließlich riss ihr die Geduld, und sie drang auch in die Räume des Personals ein.
„Ach, so-o ist das also! Wie kommen denn Sessel, Lehnstühle und Sofas hier in diese Zimmer? Und Blumen sind auch da und Bilder und Plastiken, und was noch alles! Ich habe doch gesagt: man darf den Kindern nichts entziehen. Das ist eine Gemeinheit! Glauben Sie, die Kinder würden sich nicht auch gern auf Sofas und Teppichen herumwälzen? So geht das nicht!"
„Ja, sehen Sie, Genossin Tschumalowa... Sie haben natürlich recht. Aber die pädagogische Praxis ... Das ist doch schädlich, erzieht zur Faulheit. Und dann der Staub und die Ansteckungsgefahr."
Aus den Augen der Heimleiterin zuckten nadelspitze Blitze, Dascha aber sah sie gar nicht an und sprach mit unveränderter Stimme weiter, auf ihren Wangen brannten rote Flecke.
„Ich pfeife auf Ihre Praxis! Unsere Kinder haben wie die Schweine gelebt. Doch jetzt sollen sie Licht haben und Luft und weiche Möbel und Bilder. Alles müssen wir ihnen geben, alles, was wir nur können. Den Klubraum einrichten und ausschmücken. Sie sollen essen, spielen, sich der Natur freuen. Für uns nichts, für sie — alles! Und wenn wir's uns aus den Rippen schneiden, her muss es! Damit das Personal nicht faulenzt, stecken wir es am besten in elende Kammern. Streuen Sie mir gefälligst keinen Sand in die Augen, Genossin Heimleiterin. Ihre Praxis ist mir klar, und manches andere auch."
Die flinke, wendige Maus ließ die Goldzähne funkeln und lachte verzückt, doch in ihren Augen blitzten Nadelspitzen.
„Aber wer zweifelt denn daran, Genossin Tschumalowa? Ihr Scharfsinn und Ihre Aufmerksamkeit sind selten für eine Frau. Unter Ihrer Leitung wird alles gut, alles ausgezeichnet gehen."
Beim Abschied überschüttete Dascha Njurka von neuem mit Liebkosungen, und die anderen Kinder schrieen wieder durcheinander und umringten sie.
Njurka betrachtete Gleb mit einem langen, nachdenklichen Blick. „Möchtest du nach Hause, Njurkalein? Spielen wie früher und bei Papa und Mama bleiben."
„Meine Mama ist hier. Da ist sie. Aber mein Papa ist nicht da. Mein Bett steht dort drüben. Wir haben gerade Milch getrunken und spazieren gleich los, mit Musik."
Zum ersten Mal umarmte sie Gleb, anschmiegsam und scheu. In ihren Augen, den Augen ihrer Mutter, glommen die Funken einer unbeantworteten Frage.
Bis zur Chaussee sprach Dascha kein Wort. Auf ihrem Gesicht lag noch ein Abglanz warmer Zärtlichkeit. An der Landstraße sagte sie dann bedauernd: „So, ich muss jetzt zum Bezirkskomitee. Wir haben viel zu tun, ich komme erst spät nach Hause. Für uns im Frauenausschuss reichen vierundzwanzig Stunden am Tag nicht mehr aus. Mit den Kindern kommen wir zurecht, aber die verfluchten Weiber müssen wir bearbeiten. Wenn man nicht überall seine Augen hätte, die raubten alles bis zur letzten Krume... eigenhändig! Wahre Knechtsseelen! Ja! Überall Feinde. Mein Gott, wie viele Feinde! Die Bande mit den Goldzähnen, von der ist nichts anderes zu erwarten, aber unsere eigenen Leute, unsere eigenen, Gleb! Die reinsten Knechtsseelen! Na, was meinst du denn dazu, wenn man ein bisschen bei den Bourgeois requirierte?"
Gleb hielt es kaum noch aus: Das war eine fremde, neue, nie gesehene Frau.
Mürrisch, fast feindselig, sagte er: „Werde es mir überlegen. Das ist nicht so einfach zu entscheiden. — Kommt ganz darauf an, was das Gouvernementskomitee dazu sagt."
Dascha runzelte die Stirn, lächelte, und ihr Kinn zitterte leicht. Sie sah ihn an, prüfend — mit Antwort heischendem Blick, er aber schaute finster zur Seite.

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