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Hans Marchwitza - Sturm auf Essen (1930)
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Siebtes Kapitel

Schwarz und ölig wälzten sich die Fluten des Alt-Essener Kanals. Renteleit lag mit Christian Wolny und mehreren anderen Männern in einer Vertiefung hinter dem Maschinengewehr. Jenseits des Kanals lief die Reichswehr umher. Sie schoss drüben aus den Häusern. Auch Geschütze donnerten drüben, und einzelne Granaten schlugen in der Nähe der abgehetzten Maschinengewehrmannschaft ein und überschütteten sie mit Splittern und mit aufgewühlter Ackererde. So hatten sich Renteleit und Christian seit vielen Tagen bis hierher geschleppt und immer wieder gewehrt. Auch der bärenstarke Renteleit war fast am Ende seiner Kräfte. Es waren ihrer immer weniger geworden, und Renteleit übersah mit immer größerer Sorge die einzeln und zu zweit und dritt hinter dem Kanal verstreut kauernden Genossen, die dem Feind das Eindringen in ihre Stadt zu wehren versuchten. Sie waren dreckig von Staub und Schweiß und abgerissen von dem Kriechen in den Feldern und in dem Gebüsch, und hungrig, weil sie sich nur selten Zeit nahmen, um sich in den Bauernhäusern das Stück Brot zu erbetteln. Auf Hilfe hofften sie kaum noch, denn sie wussten, dass sich in der Stadt alles in voller Auflösung befand. Sie fühlten sich aber verpflichtet, wenigstens noch das Wegschaffen der Verwundeten zu sichern. Diesseits feuerten noch einige Maschinengewehre.
Die Kumpels schossen sparsam, denn sie verfügten nur noch über wenig Munition. Auch Christian überzählte oft eilig und mit immer größerer Besorgnis den Rest, den sie in den leergeschossenen Gurt steckten, um dann und wann wieder einige Schüsse abfeuern zu können.
Sie mussten einige Male ihre Deckung wechseln, weil sie von den Granaten aufgespürt wurden, die immer in bestimmten Abständen heranrauschten und mit einer ziemlichen Zielsicherheit vor und hinter ihnen krepierten. Obwohl fast keine Hoffnung auf Hilfe vorhanden war, sah auch Renteleit zuweilen noch sehnsüchtig nach der rückwärts liegenden Stadt. Aber dort wurden von den Ängstlichen schon eilends die Gewehre abgegeben, und sie liefen auseinander. Anstatt der Verstärkung wurde ihnen an den Kanal die bittere Nachricht gebracht, dass der Kampf abzubrechen sei.
„Jetzt sind wir fertig", seufzte einer der grauen Männer neben Renteleit.
„Schießt dorthin schnell ein paar Kugeln ab", befahl Renteleit Christian Wolny, „dort hinter der Brücke rennt die Reichswehr."
Christian Wolny schoss wieder verbissen hinüber. Mit einem Blick auf den Gurt sagte er erschrocken: „Wir haben bald keinen Schuss mehr drinnen. Schickt doch schnell einige Leute zu den anderen, sie sollen uns Munition ausborgen."
Die anderen sagten, als man sie um Munition bat: „Wir haben ja selber nichts mehr", und einige sagten böse: „Geht, holt sie euch drüben von den Noskes, da haben unsere Feiglinge die Munition zurückgelassen. Jetzt werden wir damit abgeknallt."
Renteleit, der selber bei einer Gruppe vorgesprochen hatte, kam, nachdem er längere Zeit im Gelände herumgekrochen war, mit einigen Patronen, die er bei den Toten in einem Loch gefunden hatte, zurück. Sie konnten wieder ein paar Schüsse abfeuern.
„Bald ist es vorbei!" sagte auch er jetzt schon verzagt.
In der Stadt tönten die Glocken. „Ostern!" sagte Renteleit. „Die Spießer feiern Erlösung!" Ein heiseres Lachen erschütterte ihn. „Sie feiern ihre Befreiung, während wir hier verrecken."
„Lasst uns abbrechen!" klagte ein kleiner verwundeter Schlepper. „Mit den paar Handvoll können wir nichts mehr halten."
Renteleit schrie ihn wütend an: „Du bleibst hier, keiner regt sich weg. Wenn wir den Kanal freigeben, erschlagen sie uns in der Stadt die Verwundeten."
Er kroch noch einmal zu den anderen und kam mit einem halben Munitionsgurt zurück. Die Gruppe hatte den letzten Patronengurt geteilt. Sie schossen wieder, sparsam, sparsam...
Jenseits des Kanals knallten ununterbrochen die Maschinengewehre der Reichswehr, und die Geschütze donnerten in immer kürzeren Abständen. Die Söldner brauchten nicht zu sparen.
Ein verdreckter Mann kroch in Renteleits Grube. Dieser verband gerade einen seiner Salkenberger, den Schorsch Plewka, der ihm die ganze Zeit still und anhänglich gefolgt war, und den eine Kugel der Reichswehr in den Hals getroffen hatte.
„Ist ein Schießmeister unter euch?" fragte der Genosse, in dem Renteleit den Schotte wieder erkannte. Schotte schleppte einige Pakete mit, während zwei Leute mit anderen Paketen folgten.
„Die Brücke muss gesprengt werden!" erklärte Schotte eilig und nahm Renteleit, der Schießmeister war, mit.
„Und das Maschinengewehr?" fragte Christian Wolny erschrocken. „Hier, packt die Handgranate drunter", sagte Schotte, „und sprengt es!"
Renteleit hatte Schotte unterwegs öfters getroffen. Er war einer der Mutigen, die bis zuletzt ausharrten. Er nahm die Pakete und befahl Christian Wolny: „Nimm dein Maschinengewehr und geh mit den anderen zurück!" Sie hatten keine Patrone mehr, und das Maschinengewehr nützte ihnen auch nichts mehr. Aber Christian hätte es um sein Leben nicht den Noskiten überlassen; er musste es noch einmal verbergen, denn es würde sicherlich wieder gebraucht. Sie verabschiedeten sich mit einem Blick, in dem die Sorge des einen um den anderen lag. Und Christian Wolny kroch mit seinem Maschinengewehr zurück.
Renteleit war mit Schotte, nach einem mühseligen Kriechen, an der Brücke angekommen, wo sie noch ein paar Genossen mit Sprengstoff erwarteten. Dort stand noch ein Maschinengewehr, und die Kumpels hatten noch einige Patronen. „Schießt, wenn sie uns drüben stören wollen", befahl Schotte der Gruppe. Sie krochen an den Pfeiler und kletterten dort angestrengt hoch. Mit den erfrorenen Fingern in die Eisenträger verkrallt, schob Renteleit Paket um Paket darunter. Ein anderer Hauer brach mit einem Spitzeisen und Hammer in einen der Pfeiler ein größeres Loch und stopfte da eine Ladung hinein.
Die Reichswehr schoss jetzt immer heftiger. Man schien die Männer bei ihrer Arbeit bemerkt zu haben, und die Kugeln hämmerten gegen das Eisen- und in das Steinwerk. Manche der Kugeln schlugen oft so dicht neben ihnen ein, dass sie ihre Arbeit unterbrechen mussten.
„Los, weiter", trieb Schotte. „Wir müssen fertig werden, sonst kommen sie herüber und dringen in die Stadt."
Renteleit stopfte die letzten Ladungen unter die Träger und verband sie mit den Drähten. Die Maschinengewehre der Reichswehr schossen jetzt so niedrig, dass Schotte und Renteleit sich nur mit Mühe zurückbewegen konnten.
Sie rollten den Leitungsdraht auseinander und schlossen die Sprengbatterie daran. Sie duckten sich in die Schollen. Renteleit drehte den Schlüssel herum. -„Nichts!" sagte er betroffen. Er drehte noch einmal mit stärkerem Ruck, so wie er es früher in der Grube immer getan hatte, wenn ihm ein Kohlenschuss nicht kommen wollte... wieder nichts.
„Nicht in Ordnung!" sagte er. „Ich geh' und seh' mal nach." Er kroch wieder bis zur Brücke, wo sich der Draht gelöst hatte. Er knüpfte den Draht wieder zusammen und kroch in dem Feuer der Maschinengewehre der Reichswehr wieder die ganze Strecke zurück. Ein heftiger Schlag traf seinen Arm, und er fühlte das Blut herausrinnen. Er kroch trotzdem, ohne nach der Wunde zu sehen, bis zu Schotte zurück und drehte mit der erlahmenden Hand an der Batterie, die schon das Blut aus seiner Wunde überströmte. Ein erschütternder Donner dröhnte, und sie sahen, wie die Brücke sich in dem aufwallenden Dynamitrauch hochbäumte und mit den auseinander gerissenen Teilen in das Wasser sank.
Drüben bei der Reichswehr verstummte für eine Minute das Feuer, dann aber wurde es um so rasender.
Schotte, der ganz erschöpft und mit gequollenen Augen in einer Grube saß, befahl den wenigen, die noch dalagen, zurückzugehen. Sie gingen einzeln und schossen, sich noch einmal umwendend, ihre letzten Kugeln gegen die drüben hervorkommende Reichswehr ab. Dann schwankte einer nach dem anderen in die Stadt, in der die Osterglocken dröhnten.
In der Stadt standen die Menschen in den Straßen und horchten furchtsam nach dem Kanal. Dort donnerten die Einschläge der Reichswehrgranaten. Von Zeit zu Zeit kam ein einzelner Arbeiter mit dem leergeschossenen Gewehr, forderte voller Hass noch einmal Patronen oder schrie die zaudernden Männer wütend an: „Gafft doch nicht hier herum, sondern geht nach vorn und helft!"
Die Kaufläden waren geschlossen und mit Eisengittern verriegelt. Man befürchtete wieder Plünderungen.
Da und dort mischten sich die Bürger unter die erregte Menge, hörten zu oder fragten die zurückkommenden Rotarmisten aus. Man merkte einigen der Bürger die Zufriedenheit an. Sie flüsterten einander zu: „Die Reichswehr ist da!"
Der und jener Geschäftsmann war besorgt, dass man die Stadt beschießen könnte. Ihre Blicke verrieten den verborgenen Hass gegen die abgelumpten und verdreckten Gestalten, die noch immer voller Wut nach Verstärkung schrien und den Kampf nicht aufgeben wollten.
Man erzählte sich in der Menge voller Schrecken: „Die Noskes sind schon in Bottrop! Sie verhaften alle unsere Leute."
Und wieder schreit einer, der müde ein leeres Gewehr mit sich schleppt: „Gafft doch nicht hier herum und schwatzt nicht. Los, Knarren genommen und hin zum Kanal, sonst verrecken die paar Mann!" Er hockt sich auf eine Steinstufe hin und schluchzt. Die Menge starrt ihn an. Ein anderer mit einem Gewehr schreit: „Ihr seid alle schuld, dass wir jetzt totgeschlagen werden. Ihr alle seid auf den Verrat eingegangen und habt uns allein gelassen!" Er erhebt wütend sein Gewehr: „Und ich überlass' es ihnen nicht!" und schmettert es mehrere Male gegen die Hauswand, bis es zersplittert. Er wirft den Rest den Bürgern vor die Füße: „Da! Jetzt könnt ihr's nehmen!"
„Jesus Maria!" schrie eine der Frauen. „Die Menschen werden irrsinnig!"
„Halt dein Maul!" grollte der abgehetzte Mann, „morgen heulst du vor Freude, wenn uns Watter an die Mauer stellt und abknallt! - Platz!" schrie er.
Die Menge wich zurück.
Die welken, grauen Gesichter waren voller Trauer. Die Bürger gingen kopfschüttelnd ihrer Wege.
Mit einem furchtbaren Blick des Hasses humpelte der Verwundete davon.
Die Stadt strich die roten Fahnen ein und hüllte sich in Trauer. Die Rote Armee, deren letzter, verzweifelter Widerstand am Kanal gebrochen war, befand sich in Auflösung und flutete ins Bergische Gebiet.
Der revolutionäre Zentralrat in Essen hatte alles versucht, um den Zerfall der Front noch einmal aufzuhalten, aber die zersetzenden Kräfte, die sich teilweise der Führung der Kämpfenden bemächtigt hatten, unterstützt durch Watters Drohungen und Versprechungen der Regierung, hatten diese Auflösung beschleunigt.
In der Stadt trieb sich wieder das Plündervolk umher ; die Verwirrung ausnutzend, drangen sie in Scharen in die Geschäfte und tobten und schleppten die Ware und Gegenstände heraus. Die letzten zurückkehrenden Rotarmisten versuchten, die Plünderungen aufzuhalten.
Auch Renteleit hörte schreien: „In der Grabenstraße schlagen die Spartakisten die Fenster ein!"
„Jetzt beschmutzen sie uns noch!" grollte der ermüdete Mensch. Er hielt einige Genossen auf und zog sie mit nach der Grabenstraße. Die Plünderer verließen gerade das Kaufhaus Freudenberg, vollbepackt mit Waren.
„Wo wollt ihr damit hin?" schrie sie Renteleit voller Zorn an.
„Wir haben Empfangsscheine!" antworteten ihm einige der Plünderer. „Von wem?" „Vom Vollzugsrat!"
„Bringt sofort die Sachen zurück!" befahl Renteleit und drohte: „Ich schieß' euch einen nach dem anderen nieder, wenn ihr nicht gleich die Sachen wieder zurückbringt!"
Einer brüllte: „Schlagt ihm doch was auf den Schädel; er hat hier nichts mehr zu sagen!" Renteleit knirschte und schoss. Er trieb die anderen, die stumm geworden waren, in das Kaufhaus zurück: „Hunde, Banditen verfluchte, nachher heißt es: ,Spartakisten'. Wenn sich noch einer mit einem Stück Ware sehen lässt, dem geht es wie dem Verbrecher!"
Auch in der Limbecker Straße fielen Schüsse. Dort tobte ein Kampf zwischen Arbeitern und Plünderern.
In dieses Durcheinander brachten eilig heranradelnde Boten die Nachricht, dass die Reichswehr einrücke.
Schotte zog den aufgeregten Renteleit mit: „Komm, wir müssen weg!"
Renteleit wandte sich noch einmal um und seufzte: „Verfluchte Verräter. Aber wir kommen wieder. Wir kommen...!" Er taumelte fort. —
Am Nachmittag standen die Panzerwagen der Reichswehr am Kathaus und vor den anderen Verwaltungsgebäuden. In allen Straßen drohten die Mündungen der Maschinengewehre.
In der Viehhofer Straße standen die Leute. Einige aus der Stadt heimkehrende Männer zeigten finster zurück: „Die Noskisten bringen wieder welche fort!"
„Der eine hatte das Gesicht aufgeschlagen, und der zweite konnte kaum noch laufen. Er war verwundet!" erzählte zitternd eine andere Frau.
Eine dritte Frau jammerte: „Mein Gott, und mein Mann ist noch nicht zu Hause. Ich weiß nicht, wo er steckt. Wenn sie ihn nur nicht abgeschleppt haben."
Frau Kreusat, die mit in der Menge stand, erzitterte, als sie von den Verhaftungen hörte. Sie begann zu weinen. Sie wollte in die Stadt, um nach dem Jungen zu sehn. Vielleicht war er unter den Verhafteten. Man hielt sie zurück: „Bleib hier Mutter, da rasen sie jetzt, und du kannst noch eine Kugel abkriegen."
Frau Kreusat stammelte: „Mein Junge ist noch nicht zurück."
Der alte Koschewa nahm sie mit: „Kommt, Frau Kreusat, meiner ist ja auch noch nicht zurück. Vielleicht sind sie mit den anderen weitergezogen. Hoffen wir, dass sie noch leben."
Frau Kreusat suchte schon den ganzen Tag ihren Franz. Der eine erzählte ihr, man hätte ihn bei Wesel gesehen, ein anderer glaubte, ihn bei den Zurückkehrenden gesehen zu haben. Sie schwebte zwischen Hoffnungen und tödlicher Angst, ihn nicht wieder zu sehen.
Sie kam wieder nach Hause zurück und klagte ihrem Mann, der grübelnd am Fenster saß: „Ich hab' ihn nicht gefunden."
„Er wird vielleicht noch kommen", tröstete hüstelnd Martin Kreusat sie.
„Und wenn ihm doch was passiert ist?" klagte sie, „sie verhaften jetzt alle in der Stadt. Vielleicht auch ihn." Martin Kreusat hüstelte und wandte sich ab.
Fritz Raup und Zermack waren abends zurückgekehrt. Miller war ihnen aus den Augen gekommen, aber sie glaubten, dass er sich mit den anderen gerettet habe. Sie gingen, nachdem sie ihre Frauen beruhigt hatten, wieder nach der Wache. Sie trafen dort nur die Blauen an, die ihren Dienst wieder aufgenommen hatten. In einer Ecke stand eine Menge abgegebener Gewehre, und Zermack erfasste die Wut. Herr Loew kam aus dem Nebenraum - er war wieder der wohlgesetzte Herr Kommissar Loew. Er sah die beiden Männer und erklärte: „Meine Herren, wir haben den Auftrag, unseren Dienst wieder aufzunehmen und uns um die Ordnung im Ort zu kümmern. Sie wissen, dass die Arbeiter schon alle ihre Gewehre abgegeben haben, und es wäre auch für Sie ratsam, dasselbe zu tun, bevor die Reichswehr auch hier einrückt." Er spielte noch den vermittelnden Mann, weil er des vollständigen Sieges der Reichswehr wohl noch nicht ganz sicher war.
Die anderen Blauen saßen mit abgewandten Gesichtern und anscheinend auch noch nicht ganz sicher, ob man sie nicht doch noch einmal herausholen würde.
Zermack starrte von einem zum anderen. Sein Gesicht arbeitete heftig. Er sagte endlich gepresst: „Die Gewehre bleiben hier nicht stehen. Die kommen gleich weg."
Herr Loew wollte empört auffahren: „Meine Herren...", aber Zermack schrie drohend: „Die Gewehre werden sofort weggebracht. Die Reichswehr kriegt sie nicht in die Hände!"
Inzwischen waren noch mehrere Kumpels von ihrer Schar hinzugekommen. Zermack befahl ihnen, die Gewehre mitzunehmen. Die Männer nahmen jeder mehrere der Gewehre, andere rafften die Munition zusammen.
Herr Loew versuchte, ihnen zu wehren, aber Zermack schob ihn zurück und sagte: „Noch sind wir hier. Die Reichswehr kriegt keine Patrone in die Hände!"
Er wandte sich noch einmal an Herrn Loew: „Wir gehen, aber wir kommen wieder. Ich warne euch, euch an unseren Menschen zu vergreifen!"
Er zog Raup hinaus. Sie standen draußen in der Nacht. Fritz Raup fragte: „Was tun wir jetzt?"
Zermack grübelte düster und antwortete: „Wir können hier nicht bleiben. Komm, sagen wir es den Frauen, und dann gehen wir. Sie werden sich entsetzen, aber es ist besser, wir gehen, als dass wir uns den Mördern freiwillig ausliefern."
Die Reichswehr rückte gegen Morgen in Stoppenberg ein. Sie kam um die Stunde, als Jupp Zermack und Fritz Raup auf Umwegen in eine neue Ungewissheit zogen.
Herr Loew empfing den Unteroffizier, der mit einer Gruppe Soldaten auf die Wache kam, mit einem Aufatmen. Jetzt war er endlich seiner sicher, und er bedauerte, dass er vorher nicht seine ganze Energie zusammengerafft und das Wegschleppen der Gewehre verhindert habe. Er meldete dem Unteroffizier, dass die Polizei wieder ihren Dienst und die Verwaltungsgeschäfte übernommen hätte. Er sagte nichts von den Gewehren, weil er Sorge hatte, dass man ihn dafür verantwortlich machen könne. Er blickte nur einen Moment misstrauisch auf die Blauen, aber diese standen mit verschlossenen Dienstgesichtern da. Noch einmal durchfuhr ihn der Schreck, als der Unteroffizier barsch fragte, ob die Gewehre abgegeben worden seien. Herr Loew stotterte: „Das entzieht sich meiner Kenntnis", und er schielte noch einmal nach den Blauen. „Ich denke, es werden wohl noch welche in den Häusern stecken", erklärte er in der Hoffnung, dass man die weggetragenen Gewehre bei dem einen oder anderen wieder herausholen könnte. Der Unteroffizier drohte: „Wir werden mit keinem fackeln, der die Roten vielleicht in Schutz nehmen oder uns etwas verschweigen will. Die kommen alle auf Nummer Sicher oder an die Wand!" Er ging mit der schwerbewaffneten Gruppe wieder weg und ließ einen neuen Schrecken zurück.
Herr Loew brummte bleich: „Man kommt niemals mehr zur Ruhe!" Er ging in seinen Nebenraum zurück. Doch ließ es ihm drinnen keine Ruhe, er kam wieder hervor und sagte zu den Blauen, die ihr Flüstern miteinander gleich wieder unterbrachen: „Ich möchte Sie bitten, von der Geschichte mit den Gewehren vor keinem etwas zu erwähnen, sonst machen sie uns alle dafür verantwortlich."
Die Polizisten schüttelten nur stumm die Köpfe. Am frühen Morgen kam der Unteroffizier mit einigen der Soldaten und einem Leutnant wieder. Herr Loew starrte sie erschrocken an. Der Leutnant sagte: „Wir werden einige Haussuchungen vornehmen und brauchen dazu Ihre Leute, die sich hier besser in den Buden auskennen. Bestimmen Sie gleich die einzelnen für die verschiedenen Straßen."
Herr Loew klappte die Hacken zusammen und sagte: „Jawohl, Herr Leutnant!"
Der Leutnant befahl noch einmal: „Aber eilen Sie sich, wir wollen sofort anfangen!"
Herr Loew sagte: „Jawohl", und verneigte sich etwas ungeschickt.
Die Soldaten gingen. Herr Loew starrte die Blauen an, die mit verlegenen Mienen dastanden. Er sagte: „Wir müssen schon den Befehl ausführen, sonst kommen sie uns auf den Hals. Bitte, meine Herren, bereiten Sie sich darauf vor, dass Sie gleich mitgehen können!" Er ließ schnell auch noch die nicht anwesenden Schutzleute holen und ging blas in seinen Raum. Die Blauen sahen sich an. Der ältere Tille brummte: „Wenn man sich jetzt in den Häusern mit der Reichswehr sehen lässt, dann kommen uns nächstens die Arbeiter wieder auf den Kopf. Man weiß verflucht nicht mehr, wo man hingehört."
Am nächsten Morgen gingen in der Salkenberg-Kolonie und in der Essener und in anderen Straßen eilig Gruppen von Soldaten mit je einem Blauen in die Häuser. Im Ort sah man viele graue Uniformen und berittene Kommandos, die über die Felder sprengten. Die Reiter wühlten auf den Äckern, wo sie Herr Kleinemann, der mutmaßte, dass man dort verschiedene Gewehre vergraben hätte, heimlich hingewiesen hatte. Herr Kleinemann winkte den vorbeikommenden Soldatentrupps und verbeugte sich und stand stramm vor den Offizieren. Er sagte zu einem der Unteroffiziere, der in der Straße die Haussuchungen vornahm: „Ihr kommt leider etwas zu spät. Der Zermack und der Raup sind nicht mehr hier. Sie hatten leider noch ausrücken können. Das waren nämlich die Anführer."
„Wo wohnen die beiden?" herrschte ihn der Unteroffizier an. Herr Kleinemann nahm die Füße zusammen, wie früher bei seinem Wachdienst, und zeigte auf die beiden Häuser, wo Raup und Zermack wohnten. Er fügte noch hinzu: „Es sind noch mehrere mitgerannt, auch der Kreusat-Bursche ist mitgefahren."
Der Unteroffizier ging mit der Gruppe in das Haus, wo Fritz Raup wohnte. Er befahl dem ihn begleitenden Tille barsch: „Gehen Sie vorauf, Sie wissen doch wohl, wo die Genannten wohnen!"
Tille ging der Gruppe vorauf. Er tat es nicht gern, denn gerade der Raup kannte ihn sehr gut, und darum war ihm der Gang noch peinlicher. Der alte Polizist empfand gegen diesen wütenden Reichswehrkerl und auch gegen Loew eine unheimliche Wut, und er klopfte nur zögernd an die Tür der Raupschen Wohnung. Er hörte drinnen einen Klagelaut und sah zögernd den Unteroffizier an. Der stieß ihn zur Seite und riss die Tür auf. Die Frau schrie und starrte die Soldaten an. Die vier Kinder umringten sie erschrocken.
Der Unteroffizier fragte: „Wo ist Ihr Kerl?"
Frau Raup sagte zitternd: „Er ist nicht zu Haus." „Wir kriegen ihn noch!" drohte der Unteroffizier und befahl den Soldaten, die Wohnung zu durchsuchen. Die Soldaten warfen alle Sachen durcheinander, rissen die Betten und Schränke auf und suchten überall; sie fanden aber nicht die gesuchten Waffen. Sie kamen wieder aus der Kammer zurück.
Der Unteroffizier drohte noch einmal der Frau: „Wenn wir deinen Kerl kriegen, dann hängt er, verlas dich drauf!"
Die Schar polterte hinter ihm hinaus.
Der Unteroffizier befahl Tille: „Zu dem anderen!"
Tille, der noch rasch Frau Raup einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte, ging mit rotem Gesicht vorauf, in das nächste Haus, wo Zermack wohnte.
Frau Zermack, die auf diesen Besuch schon vorbereitet war, blickte der eindringenden Schar ruhiger entgegen. Der Unteroffizier schrie sie wie Frau Raup an: „Wo ist Ihr Kerl?"
Auch Frau Zermack antwortete: „Mein Mann ist nicht zu Hause."
Der Unteroffizier schrie Tille an: „Ihr Feiglinge habt sie alle entschlüpfen lassen. Auf der Wache sitzen sie und dösen. Ihr seid mir schon eine Polizei! Aber das wird euch angekreidet!" drohte er.
Sie durchwühlten auch Zermacks Wohnung, rissen Dielenbretter heraus, klopften die Wände ab. Der Unteroffizier drohte der stummen Frau: „Man soll euch alle totschlagen, mehr seid ihr nicht wert. Wenn wir den Kerl nicht kriegen, dann holen wir dich, dann wirst du beichten, wo er steckt."
Sie zogen ab.
„Führen Sie uns zu den anderen!" befahl der Unteroffizier Tille. Tille stammelte: „Die anderen sind harmlose Leute..."
Der Unteroffizier lachte wütend: „Harmlose Leute, alles harmlose Leute. Sie wollen Soldat und Polizist sein? Man sollte auch euch alle erschießen!"
Tille schwor sich, als er in das nächste Haus ging, wo die Kreusats wohnten, dass er diesen Dienst nächstens aufgeben würde.
„Wenn dieses Unglück bloß vorbei ist, dann bin ich mit der Uniform fertig", sagte er sich, während er die Treppe zu den alten Leuten hinaufstieg.
Der Unteroffizier klopfte nicht an, er stieß brüsk die Tür auf. Die alte Frau wollte schreien, aber Martin Kreusat hielt sie zurück. „Sei still, Mutter!"
„Wo ist euer Kerl?" schrie der Unteroffizier.
Sie erhob entsetzt die Hände.
Martin Kreusat antwortete: „Das weiß Gott. Er ist noch nicht nach Hause gekommen."
Der Unteroffizier stierte ihn an: „Einen Verbrecher habt ihr erzogen!" stieß er wütend heraus.
Martin Kreusats altes Gesicht wurde grauer und erzitterte. Er wurde größer. „Mein Sohn ist kein Verbrecher", antwortete er jähzornig. „Wir haben unseren Sohn gut erzogen, aber die anderen wollten ihn schlecht erziehen. Die anderen, die mich früh zum Invaliden gemacht haben, zu einem kranken, sterbenden Menschen, der sich mit fünfzig Jahren nicht mehr bewegen kann. Mein Sohn war ein guter Mensch!"
Der Soldat stierte ihn rot an. Er erhob knirschend die Pistole. Einen Augenblick schien es, als wollte er gegen die Brust des alten Mannes abdrücken; dann ließ er die Pistole wieder sinken, sagte voller Wut: „Pack!" und winkte den Soldaten.
Sie polterten hinaus.
Martin Kreusat murmelte noch in Auflehnung: „Wir sind kein Pack. Ihr seid die Tiere, die sich für die schändliche Sache hergeben. Mein Sohn ist ein guter Mensch."
Eine Reichswehrtruppe war in Tautens Haus gegangen. Jakob Tauten saß oben allein in der Küche - seine Frau war nach Stoppenberg, um Therese zu suchen - als er die schweren Stiefel auf der Treppe vernahm. Er machte die Tür auf und trat hinaus. Er sah die Soldaten heraufkommen und starrte sie verwirrt an.
„Wo wohnt hier Tauten?" herrschte ihn der Feldwebel an, der diese Schar anführte.
Tauten stammelte: „Das bin ich" - und starrte noch immer verständnislos auf die Soldaten.
Der Feldwebel stieß ihn in die Küche. „Haben Sie Gewehre im Haus?" herrschte er ihn wieder an.
Tauten stammelte: „Ich hab' mein Gewehr abgegeben. Ich bin schon seit mehreren Tagen zu Hause und nehme an nichts mehr teil." Der Feldwebel sagte zu den Soldaten: „Der wird mitgenommen!" Er ließ die anderen die Wohnung durchsuchen, während Tauten in voller Verwirrung zusah. „Aber Menschen, was wollt ihr denn?" fragte er.
„Das wirst du schon selber wissen, was wir wollen", antwortete der Feldwebel und befahl ihm: „Zieh den Rock an und komm mit!"
Jakob Tauten suchte zitternd seinen Rock, zog sich an und ging seufzend mit. Er fragte auf der Treppe noch einmal: „Aber, was wollt ihr denn von mir?"
Die Soldaten stießen ihn ohne Antwort vor sich her.
In der niedrigen, langen Kegelbahn der Wernerschen Schenke standen schon eine Anzahl der Kolonisten und verschiedener Leute aus dem Ort. Die Reichswehr hatte auch den alten Koschewa und den grauen Heise geholt. Tauten musste sich wie die anderen mit dem Gesicht gegen die Wand stellen.
„Was wollen sie denn von uns?" wandte er sich noch ganz eingeschüchtert an den starrblickenden Heise.
Einer der Soldaten schrie ihn an: „Halt dein Maul, hier wird nicht geredet!"
Tauten wurde still, seufzte und wandte sich wieder mit dem Gesicht nach der Wand.
Sie standen schon mehrere Stunden in der gleichen Ungewissheit.
Erst am Nachmittag hörte Tauten Schigalskis Stimme, der mit den Soldaten und dem Wachunteroffizier sprach. Er drehte sich um und sah Schigalski mit dem Unteroffizier hereinkommen.
Schigalski schalt: „Ich hab' dir gesagt, dass du mit hineinschluderst. Jetzt hast du deine dumme Freundschaft mit Miller und Zermack. Jetzt muss man alle Behörden abrennen und sich das Maul wundschwätzen, um dich wieder freizubekommen."
Jakob Tauten hörte nur, dass er wieder freigelassen werden sollte, und sah den Parteisekretär dankbar an.
Schigalski verhandelte noch einmal mit dem Unteroffizier, zeigte die Bescheinigung von der höheren Kommandostelle der Reichswehr, bei der er, nach vielem Verhandeln, Tautens Freilassung erwirkt hatte. Er zeigte auch seinen Sekretärausweis der Sozialdemokratischen Partei vor und sagte: „Meine Partei war immer gegen diesen sinnlosen Kampf, und wir bedauern, dass es soweit gekommen ist."
Er konnte Tauten mitnehmen. Tauten, von den Schrecken noch ganz geschwächt, schwankte neben ihm her, während Schigalski weiterschimpfte: „Ich hab' dir immer gesagt, dass du dich hineinreiten wirst, aber du hast nicht darauf gehört. Du kannst noch von Glück reden, dass wir uns darauf besonnen haben, dass du früher deine Pflicht besser erfüllt hattest, sonst wäre es jetzt um dich geschehen."
Tauten antwortete nicht. Er dachte nur: Nach Hause, nach Hause, die Frau wird sich zu Tode ängstigen.
Schigalski holte abends auch noch den Heise heraus, den er mit den gleichen Vorwürfen überschüttete, dass er den Jungen mit hinausrennen ließ. „Der hört nicht mehr auf mich", antwortete Heise, der wegen des Sohnes aus dem Haus geholt worden war. „Er ging einfach weg und hat sich bis jetzt noch nicht sehen lassen."
Schigalski knurrte: „Du hättest ihn anders erziehen sollen, dann wäre er dir besser gefolgt."
Heise blickte ihn mit einem stillen Hass an: „Besser erziehen, sagst du, sollen wir die Kinder. Aber wenn ich ihn so erziehen soll", sagte er plötzlich aufgeregt, „wie sie diese Söldner-Gesellschaft erzogen haben, dann soll er lieber auf seinem Wege zugrunde gegangen sein." Er fügte erstickt hinzu: „Das sind keine Menschen, das sind Bestien und Mörder, die sie uns hergeschickt haben."
Nachts kam der alte Koschewa mit zerschlagenem Gesicht nach Hause. Dutzende Male hatten die Fäuste der Soldaten in sein altes, blutendes Gesicht geschlagen. Er sollte verraten, wo sein Edy steckte. Er sagte immer: er wisse es nicht. Und wenn er es gewusst hätte, er hätte den Jungen nicht preisgegeben, nein, diesen Mördern nicht.
„Den Wirrwa", erzählte er den Leuten, die furchtsam im Haus zusammenstanden, „den sie mit verhaftet haben, musste man ins Krankenhaus schleppen, so geschlagen hatten sie ihn. Erschossen soll er werden."
Mehrere Wochen lang ritten die Watter-Husaren durch Eisendorf. Sie preschten in die Felder, sprangen ab, wühlten und jagten nach einiger Zeit wieder davon.
Bei dem Auftauchen der Reiter stoben die Leute voller Schrecken in die Häuser. „Sie suchen wieder!"
Die Mütter rissen die Kinder von der Straße, dass sie nicht unter die Hufe der galoppierenden Pferde gerieten. Sie jammerten: „Die Teufel, was suchen sie denn immerfort bei uns? Sie sollen lieber abziehen und die Menschen nicht rumhetzen."
Die Söldner zogen nicht ab. In den Schenken allabendlich zechend, erzählten sie prahlend von ihren blutigen Menschenjagden, als handelte es sich um Hasentreibjagden.
In Hamborn waren vierundsechzig Arbeiter, in Pelkum bei Hamm zweiundneunzig exekutiert worden. In Bottrop hatte man sie „wie Stangenvögel auf einem Schützenfest" abgeknallt.
Willi Werner, der nach dem Einrücken der Reichswehr wieder in Stoppenberg aufgetaucht war, hatte in diesen Tagen hohen Betrieb. Die Nächte hallten wider von Gelagen mit Willi, der seine Offiziersgäste gut zu bewirten verstand. Langsam versammelten sich drinnen auch die alten Stammgäste wieder. Klirrende Prosits und das Erhardt-Lied wechselten mit zotigen Späßen und der Wacht am Rhein ab.
Am nächsten Morgen preschten wieder die Husaren heran. Sie suchten nach Waffen und nach verborgenen Rückzüglern. Stiefelknarren, Säbelklappern - schneidende Stimmen: „Man soll euch alle einbuchten, dann ist man euch Aufwiegler ein für allemal los!"
Herr Kleinemann, der seine innere und äußere Sicherheit wieder völlig hergestellt fühlte, redete in seinem Laden wie die „Allgemeine". „Ja, die Vernunft hat sich Gott sei Dank wieder durchgesetzt und wir können jetzt mit ruhigeren Zeiten rechnen. Die Regierung hat gut eingegriffen und hat die notwendige Ruhe wiederhergestellt."
Er ging jetzt auch wieder sicherer nach der Wernerschen Schenke, wo er sich die Gespräche der Soldaten anhörte.
Stübel und Schwerlich zechten mit, und auch Herr Kleinemann stieß mit den grölenden Unteroffizieren auf den „Sieg" an: „Auf unseren alten Hindenburg, meine Herren" - „Auf unsere tüchtigen Truppen!"
Herr Kleinemann kam jetzt jeden Abend in gehobener Stimmung nach Hause. „Jetzt haben wir endgültig unsere Ruhe!"
Die „Allgemeine" und der „Kleine Anzeiger" (beides konservative, von der rheinischen Industrie finanzierte Blätter) berichteten: Die Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung und die freiwillige Waffenabgabe machen gute Fortschritte!
Die Husaren trieben mehrere Hundert Arbeiter zusammen, rasten noch einige Zeit umher und zogen schließlich ab. Die Zeitfreiwilligen hielten Einzug. Mit einer Gruppe drangen sie auch bei Frau Zermack wieder ein. Ausgefütterte, rohe, dumme Gesichter. Stiefel knarrten, Gewehre klapperten. „Wo ist Ihr Kerl?" schnauzte ein Leutnant, dass die Kinder vor Schreck loszeterten.
Sie wisse es nicht!
Sie, seine Frau, wisse es nicht? Wem wolle sie dies vorreden! „Wenn er geschnappt wird, dann kann er sich auf einen verfluchten Tanz gefasst machen! Totschlagen soll man alle, dann ist man euch Sorte auf einmal los!"
Die Zeitfreiwilligen stöberten noch ein paar Rückkehrer auf und trieben sie weg. Nach einigen Wochen zogen sie endlich ab.
Die „Grünen" übernahmen als letzte und dableibende Sicherheitstruppe die vollkommene Wiederherstellung der „Ordnung".
Die Seilscheiben in den Schächten drehten sich in alter Schnelligkeit. Die „Allgemeine" berichtete mit Genugtuung: Die Besinnung des arbeitenden Volkes habe die bösen Auswirkungen der blinden Verhetzung überwunden. Man könne damit rechnen, dass der Kohleausfall der Streikenden alsbald wiederaufgeholt sei.

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